# taz.de -- Kinosterben: Kinofans kurbeln Protest an | |
> Bezirk und Initiativen wollen die Schließung des Kinos Kurbel noch | |
> verhindern. Doch die Zeit läuft ihnen davon: Zwei der drei Kinosäle | |
> wurden bereits geräumt. | |
Bild: Die Stars von Hollywood sollen weiter in der Kurbel flimmern | |
Sie sammeln Unterschriften, schreiben offene Briefe und rennen selbst beim | |
Bezirk offen Türen ein: Eine Bürgerinitiative versucht, das Kino Kurbel in | |
Charlottenburg noch zu retten. Sie hat es schwer: Der Eigentümer Symcha | |
Karolinski hält an der Schließung des nach eigenen Angaben ersten Berliner | |
Tonfilmtheaters zum 21. Dezember fest. Zwei der drei Säle des seit 77 | |
Jahren bestehenden Kinos wurden schon vorzeitig geräumt. | |
1935 wurde die Kurbel in einem umgebauten Kaufladen gegründet und in den | |
Jahren 1944/45 als Munitionslager genutzt. Nach dem Zweiten Weltkrieg nahm | |
die Kurbel als eines der ersten Kinos der Stadt den Betrieb wieder auf. | |
Auch einen massiven Einbruch der BesucherInnenzahlen Anfang der 70er Jahre | |
überlebte das Kino. Nun soll es einem Alnatura-Supermarkt weichen. Der | |
Pachtvertrag mit der Biokette wurde bereits geschlossen. | |
Um diese Pläne zu verhindern, entwickelt sich seit November zunehmender | |
Protest. Innerhalb weniger Wochen sammelte eine Initiative mehr als 5.000 | |
Unterschriften für den Erhalt des Kinos. Unter den UnterstützerInnen finden | |
sich auch prominente Persönlichkeiten wie Berlinale-Chef Dieter Kosslick, | |
Schauspielerin Angelica Domröse, die Rainer Werner Fassbinder Foundation | |
und der Satiriker Oliver Kalkofe. Auch der neue Bezirksbürgermeister | |
Reinhard Naumann (SPD) traf sich zu Gesprächen mit dem Eigentümer; das | |
Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf sprach sich für ein Moratorium bis | |
zum Sommer aus. | |
Unterdessen erklärte die Alnatura Produktions- und Handels GmbH, dass sie | |
einer Weiterführung des Kinobetriebs im Hause nicht im Wege stehen wolle. | |
Inhaber Karolinski hält sich seitdem gegenüber dem Bezirk und der | |
Initiative bedeckt; er droht mit einer Vertragsstrafe gegen Alnatura, | |
sollte diese aus dem Vertrag aussteigen. Er bleibt bei seinen Plänen, das | |
Kino zum 21. Dezember zu schließen. Bis dahin solle nur noch in einem der | |
Säle der Filmklassiker "Vom Winde verweht" laufen. | |
Die frühzeitige Räumung der Kinosäle erfolgte trotz laufender Bemühungen um | |
einen Erhalt ohne vorherige Bekanntgabe. "Das ist der Versuch, schon vor | |
dem offiziellen Datum Fakten zu schaffen", sagte Christian Berg vom | |
medienboard Berlin-Brandenburg, das sich ebenfalls für den Fortbestand des | |
Kinos einsetzt. Beate Jensen, Mitglied der Initiative "Rettet die Kurbel", | |
betont die Notwendigkeit eines Kompromisses: "Uns geht es darum, eine für | |
alle Seiten einvernehmliche Lösung zu finden." Hierzu wurden Karolinski | |
"vitale, professionelle Investoren" vorgeschlagen, die einen ökonomischen | |
Fortbestand des Kinos sichern könnten. | |
Am Dienstagabend verlas die BürgerInneninitiative mit ungefähr hundert | |
TeilnehmerInnen einen offenen Brief vor der dunklen Kurbel, um öffentlich | |
auf die drohende Schließung aufmerksam zu machen. Christian Berg sieht die | |
Politik in der Verantwortung. Sie müsse dafür sorgen, dass alle beteiligten | |
Akteure erneut miteinander sprechen: "Nachdem im Bezirk in den vergangenen | |
20 Jahren zahlreiche Kinos konzeptlos weggestorben sind, ist nun eine | |
politische Lösung gefragt." | |
Der Bezirksstadtrat für Stadtentwicklung, Marc Schulte (SPD), bemängelte | |
derweil, dass vonseiten des Eigentümers "wenig Handlungsbereitschaft" | |
vorhanden sei, um einen Erhalt der Kurbel zu sichern. Der Bezirk trete | |
jedoch weiterhin für eine "kulturelle Weiternutzung" der Kurbel ein. | |
14 Dec 2011 | |
## AUTOREN | |
Werner Krause | |
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taz.gazete | |
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