# taz.de -- EU-Russland-Gipfel: Brüssel und Moskau auf Kuschelkurs | |
> Bei ihrem Treffen sind die Spitzenpolitiker der EU und Russlands | |
> Präsident um Harmonie bemüht. Für Kritik am Ausgang der Wahlen hat | |
> Medwedjew kein Verständnis. | |
Bild: Demonstrierten beim Gipfeltreffen Harmonie: Russlands Präsident Dmitri M… | |
BRÜSSEL taz | Schon Tage vor dem EU-Russland-Gipfel am Mittwoch in Brüssel | |
hatte die belgische Polizei Stacheldrahtbarrieren an die Straßenränder rund | |
um das Ratsgebäude gestellt. Sie hatte befürchtet, es könnte zu | |
Demonstrationen kommen gegen den Ausgang der Duma-Wahlen in Russland am 4. | |
Dezember. Wahlbeobachter hatten von massiven Unregelmäßigkeiten berichtet. | |
In Moskau und anderen Städten sind Demonstranten mehrmals auf die Straße | |
gegangen und haben Neuwahlen gefordert. Aber es blieb ruhig in Brüssel. | |
Auch von seinen Gesprächspartnern musste sich der russische Präsident | |
Dmitri Medwedjew keine Standpauke anhören. Es gab lediglich eine "ehrliche | |
und offene Diskussion", erklärte der Präsident des Europäischen Rats, | |
Hermann van Rompuy, nach dem Treffen. | |
"Freie und faire Wahlen sind wichtig für eine Demokratie. Die Berichte über | |
Unregelmäßigkeiten und die Festnahmen von Demonstranten haben uns | |
beunruhigt. Ich bin deshalb sehr froh, dass die russische Regierung faire | |
und unparteiische Untersuchungen angekündigt hat." Auch der Präsident der | |
Europäischen Kommission, José Manuel Barroso, lobte Medwedjew. Er sei sehr | |
zufrieden mit der Qualität der Gespräche, sagte er. | |
Das Europäische Parlament hatte am Mittwoch in einer Resolution noch | |
Neuwahlen in Russland gefordert. "Russland hat die europäischen Standards | |
für freie und faire Wahlen verletzt. Bei den Präsidentschaftswahlen im März | |
2012 müssen alle Oppositionskandidaten zugelassen werden, und die russische | |
Regierung muss sich verpflichten, freie und faire Wahlen durchzuführen", | |
erklärte der außenpolitische Sprecher der EVP-Fraktion im Europäischen | |
Parlament, Elmar Brok. | |
## Finanzielle Hilfe zugesagt | |
Für solche Forderungen hatte der russische Präsident am Donnerstag kein | |
Verständnis: "Das EU-Parlament hat nichts zu sagen. Es waren unsere Wahlen. | |
Es interessiert mich nicht, was die EU-Abgeordneten dazu meinen. Sie sollen | |
sich um europäische Angelegenheiten kümmern, nicht um unsere." | |
Dies waren die einzigen harten Worte während der Pressekonferenz der drei | |
Präsidenten. Abgesehen davon waren sie sehr um Harmonie bemüht. Medwedjew | |
erklärte, die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Russland | |
hätten einen historischen Höchststand erreicht. | |
Der Kuschelkurs mag auch daran liegen, dass Russland der Eurozone | |
finanzielle Hilfe zugesagt hat. Ein Berater Medwedjews erklärte, Moskau | |
könne bis zu 20 Milliarden Euro über den Internationalen Währungsfonds an | |
die Euroländer geben. Es handele es sich dabei um Gelder, die Russland | |
kommendes Jahr vom IWF zurückbekommt. Das Land werde aber den Betrag für | |
die Hilfe der Euroländer beim Währungsfonds belassen, wenn der das für | |
nötig halte. | |
Medwedjew betonte, dass es in Russlands Interesse sei, die EU als | |
wirtschaftliche und politische Macht zu erhalten. 41 Prozent des | |
Handelsvolumens seines Landes würden in Euro berechnet. "Es ist eine der | |
wichtigsten Währungen, die erhalten bleiben muss", erklärte der russische | |
Präsident. | |
Der EU-Ratspräsident van Rompuy kündigte am Rande des Gipfels an, dass er | |
die 27 EU-Mitgliedsländer bereits Ende Januar/Anfang Februar zu einem neuen | |
Treffen nach Brüssel einladen will, um über die Haushaltsdisziplin aber | |
auch über die steigende Arbeitslosigkeit in der EU zu beraten. | |
15 Dec 2011 | |
## AUTOREN | |
Ruth Reichstein | |
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