# taz.de -- Gastkommentar Michael Braun: Das ist doch alles nicht wahr! | |
> Ex-Justizsenator Michael Braun (CDU) bekommt ein saftiges Übergangsgeld. | |
> Das kann beim besten Willen keine Absicht gewesen sein. | |
Bild: Der Kabarettist Arnulf Rating feierte Ende der Siebzigerjahre als Mitglie… | |
Offener Brief | |
Sehr geehrter Herr Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit, | |
sehr geehrter Herr Innensenator Frank Henkel, | |
sehr geehrter Herr Ex-Senator für Justiz und Verbraucherschutz Michael | |
Braun! | |
Berlin verstehen – das ist nicht einfach. Zum Beispiel was den Unterschied | |
zwischen einem Rücktritt und der Bitte um Entlassung eines Senators | |
betrifft. Sie, Herr Braun, sind nicht von Ihrem Senatorenamt | |
zurückgetreten. Sie haben um Ihre Entlassung gebeten. Sie, Herr Regierender | |
Bürgermeister, haben dem entsprochen. Und Sie, Herr Innensenator Henkel, | |
sind dieser Verfahrensweise nicht entgegengetreten. Herr Braun hat so laut | |
Berliner Senatorengesetz Anspruch auf ein Übergangsgeld von etwa 50.000 | |
Euro. Wäre er zurückgetreten, bestünde dieser Anspruch nicht. Das ist der | |
kleine Unterschied. Wie gesagt: Berlin verstehen, das ist nicht einfach. | |
Klar, wir wissen heute, dass von Arbeitnehmern hohe Flexibilität erwartet | |
wird. Dies gilt für jede Hilfsaltenpflegerin auf 400 Euro-Basis und für | |
jede alleinerziehende Mutter mit Hartz-IV-Bezügen, die von Freitag auf | |
Montag zur Fortbildung muss, um zu lernen, wie man Bewerbungen schreibt für | |
Stellen, die es gar nicht gibt. | |
In diesem Umfeld ist es auch für Herrn Braun nicht leicht, nach zwölf | |
aufregenden Tagen im Amt die Wiedereingliederung in seine Kudamm-Kanzlei | |
als einfacher Anwalt und Notar zu schaffen. Zumal, wenn diese Kanzlei in | |
der Öffentlichkeit in ein schlechtes Licht gerückt wurde. Die Arbeit in | |
dieser Kanzlei ist anspruchsvoll und wir wissen ja aus vielen | |
Beurkundungen, dass da oft bis nach 20 Uhr gearbeitet wird. Pflichtgemäß | |
aufklären und beraten erfordert hohen Einsatz. Es gibt offensichtlich noch | |
immer zu viele Laien, die nicht wissen, wie verbindlich ein „Kaufangebot“ | |
für eine Immobilie in Berlin ist. | |
Sicher kann da ein Übergangsgeld nach diesen zwölf schweren Tagen im Amt | |
eine Hilfe sein. Und wir wollen nicht das Kriterium „moralisch“ einführen. | |
Denn dann sind wir schnell bei der Willkür. Das haben Sie, Herr Braun, uns | |
erst kürzlich gesagt. Aber haben Sie das wirklich nötig? Hat Berlin das | |
nötig? Zumal Sie, Herr Braun, noch Ihr Abgeordnetenmandat behalten? | |
Ich bin fast sicher: Ihnen ist allen der Unterschied sicher nicht bewusst | |
gewesen. Sie haben ja Wichtigeres zu tun, als den ganzen Tag mit dem | |
Berliner Senatorengesetz unter dem Arm herumzulaufen. Sonst hätten Sie das | |
nicht mitgemacht. Und sich klar für einen Rücktritt entschieden. Denn Herr | |
Braun hat ja genau diesen Schritt vom Amt weg gemacht, um Schaden für | |
Justiz, Verbraucherschutz und den Senat abzuwenden. Da werden Sie darauf | |
geachtet haben, dass durch die zwölf Tage im Amt kein Schaden entsteht, der | |
die Stadtkasse derart belastet. | |
Also machen Sie mir und den Berlinern klar, dass das mit dem Übergangsgeld | |
nicht wahr ist. Andernfalls bekäme für mich der Slogan der CDU eine | |
gänzlich neue Bedeutung für alle Menschen in kurzfristigen und prekären | |
Beschäftigungsverhältnissen: Berlin kann mehr... | |
Beste Grüße! | |
Arnulf Rating | |
Dieser Text ist in der Printausgabe leicht gekürzt erschienen. | |
17 Dec 2011 | |
## AUTOREN | |
Arnulf Rating | |
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