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# taz.de -- Die Wahrheit: In und um Furthausingen
> Wieso nur immer diese entsetzliche Einfallslosigkeit? Es braucht deutlich
> mehr Hingabe und Inspiration bei der Benennung aller Arten von Orten.
Bild: So geht ironisch-kreative Ortsbenennung wirklich: Das Städtchen "Wiesore…
Das Benennen von Orten hat es in sich. Man kann sich damit zum Gespött
machen. Schweinfurter, Tuntenhausener und Fickinger können ein Lied davon
singen. Wer lebt schon gern in einer Stadt, die auf -furt, -hausen oder
-ingen endet? "Isch hold so geworde", sagt der Schwabe, und er hat Recht.
Doch was gilt es zu berücksichtigen, wenn ein Ortsname zu finden ist? Das
muss ja manchmal schnell gehen: Stadt ist schon fast fertig, aber an einen
Namen hat niemand gedacht. "Nennen wir es einfach Neustadt!", heißt es dann
oft. "Neu ist es, und ne Stadt wirds schon noch werden!" Das Resultat sind
sieben zivilisationsbekannte Neustadts allein im Freistaat Bayern! Ein
klein wenig mehr Mühewaltung ist hier schon angebracht. Wer sich ein
Kaninchen anschafft oder ein Kind, der nennt dieses ja auch nicht einfach
"Neutier" oder "Neukind". Obwohl es unabweisbar sowohl neu als auch ein
Tier beziehungsweise Kind ist.
Nein, im Namen eines Ortes sollten sich bestimmte Ideen und Erwartungen
widerspiegeln. Welche Visionen, welche Träume hatten die Gründer?
Historische und geografische Bezüge verleihen Individualität. Selbst
Rechtschreibfehler können sinnvoll sein, wenn sie dazu beitragen, die
Realität zu camouflieren; so war es eine prima Idee, zu Düsseldorf zu
greifen anstelle des naheliegenden Dusseldorf.
Riskant ist die Benennung nach Personen, etwa: Leningrad, Karl-Marx-Stadt
oder Washington. In Zeiten, in denen die namensgebende Person weniger
gelitten ist, muss sich die Stadt nach einem neuen Namen umsehen. Oft ist
der dann der alte: Sankt Petersburg, Chemnitz. Aber Washington heißt schon
immer Washington. Selbst Amerika-Kritiker werden zugeben, dass der alte
indianische Name, der "Diese Scheißgegend an der Ostküste mit den vielen
Scheißmücken" lautet, nicht für eine amerikanische Bundeshauptstadt taugt.
Da hätte schon der dort ansässige ARD-Korrespondent was dagegen, wenn er
immer mit den Worten "Live aus ,dieser Scheißgegend an der Ostküste mit den
vielen Scheißmücken' begrüßen wir unseren USA-Korrespondenten XYZ" in die
"Tagesthemen" zugeschaltet werden würde. Und der Dauergrinser Tom Buhrow
kann sich natürlich ein Grinsen nicht verkneifen, weil: Als er seinerzeit
dort Korrespondent war, hieß es ja noch Washington.
Besonders wenig Mühe hat sich die Hauptstadt des Saarlands gemacht: Einfach
irgendeinen in der Gegend herummäandernden Fluss genommen und sich nach ein
paar örtlichen Bauwerken umgesehen, fertig ist Saarbrücken. Nach dieser
Methode könnte Klaus Wowereit der Regierende Bürgermeister von Spreebrücken
sein und Olaf Scholz der von Elbtunnel.
Orte, die an Flüssen liegen, haben es grundsätzlich erst einmal leichter.
Der Flussname wird in den Ortsnamen eingebaut. An der Oder, am Inn, du
Rhône. Klingt einfach, doch was ist das hier: Rothenburg o. d. Tauber? O.
d. steht für "ob der". Wieso "ob"? Ob klingt nach Frage. So als wäre es
nicht ganz sicher, dass Rothenburg wirklich dort liegt, wo es liegt, und
nicht anderswo, tauberfern. Oder ist es eine konditionale Bestimmung? Als
hinge es von irgend etwas ab, ob Rothenburg an der Tauber liegt. Vielleicht
möchte uns das "ob" aber auch nur eine gewisse Entfernung der Stadt vom
Fluss signalisieren, im Sinne von "Rothenburg in Sichtweite der Tauber",
abgekürzt: "Rothenburg i. S. d. Tauber"?
Nun kann man Ortsnamen nicht einfach austauschen. Falls es aber doch einmal
dazu kommen sollte, dann hätte ich gern ein unkapriziöses: Rothenburg an
der Tauber. Für den Fall des Hochwasser von mir aus auch: "in der Tauber".
Aber bitte nicht mehr "ob".
19 Dec 2011
## AUTOREN
Robert Niemann
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