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> … hatte Grund zum Feiern in diesem Jahr: 40 Jahre Schwulenbewegung! Nicht | |
> Homo- oder Homophilenbewegung, nichts mit Bürgerrechten und erst recht... | |
… hatte Grund zum Feiern in diesem Jahr: 40 Jahre Schwulenbewegung! Nicht | |
Homo- oder Homophilenbewegung, nichts mit Bürgerrechten und erst recht | |
nichts Queer-LGBT-Korrektes, nur schwul, ganz einfach schwul. Weil das im | |
Juli 1971 begann mit Praunheims und Danneckers Film "Nicht der Homosexuelle | |
ist pervers …", sich fortsetzte im November 1971 mit der Gründung der HAW, | |
der "Homosexuellen Aktion Westberlin" und zur vollen Entfaltung kam mit | |
rund 40 weiteren Schwulengruppen in der gesamten BRD, ins Leben gerufen | |
unter dem Eindruck des Films und/oder in der Folge der ersten Reform des | |
verdammten Paragrafen 175 und der Studentenbewegung. Studentische Gruppen, | |
voller revolutionärem Pathos, bereit, die kapitalistische | |
Gesellschaftsordnung zu stürzen und alle Klappen in die Luft zu sprengen. | |
Tja, die Erinnerung an diese wilden Aufbruchjahre - die das Wörtchen | |
"schwul" in den Bundestag und in die "Tagesschau" brachten und der Stadt | |
Berlin einen schwulen Bürgermeister und dem ganzen Land einen schwulen, | |
aber unsympathischen Außenminister bescherten - hätten gefeiert werden | |
können in diesem Jahr, aber kaum jemand nahm die heroischen Termine zur | |
Kenntnis. In den Mainstream-Medien kamen sie so selten vor wie in der | |
schwulen Presse, und den Junghomos gehen die Erzählungen der alten Säcke | |
vom Krieg genauso am Arsch vorbei wie den Frauen von heute die Mahnungen | |
ihrer feministischen Vorfahren. | |
Ein paar HAW-Männer und Frauen, nur wenige wie damals und immer noch so | |
aufrecht wie damals, trafen sich am 1. Dezember im Berliner | |
Schwulenzentrum, dem SchwuZ, einem der angesagtesten Clubs der Hauptstadt. | |
Das leckere Buffet und die vielen Getränke hatten die Macher des | |
profitablen SchwuZ spendiert - manchmal wissen junge Leute doch, was sich | |
gehört -, mit Hinweis darauf, dass ohne diese schwul-lesbische | |
Elterngeneration ihre Partylocation nicht denkbar sei. Da standen nun die | |
Grauen beieinander und erkannten sich doch wieder nach so langer Zeit - | |
oder auch nicht. | |
Alte Feindschaften lebten wieder auf wie beim ersten Mal, und andere | |
setzten noch einmal zum Flirt an, der schon damals vergeblich war. Einige | |
von ihnen sind bis heute dabei geblieben und immer noch engagiert, anderen | |
wiederum hat die Berufskarriere jeglichen schwulen Elan geklaut, und für | |
ein paar wenige waren die wilden Tage und Monate von 1971 nichts weiter als | |
eine bunte Episode, auf die man noch einmal zurückblickt wie bei einem | |
Klassentreffen auf die letzten Streiche kurz vor dem Abitur. | |
So blieben die Bewegungsveteranen an diesem Abend unter sich mit ihren | |
Erinnerungen, in der Presse landauf, landab wurde eines ganz anderen | |
Termins gedacht: der 12. Dezember 1991. Vor zwanzig Jahren hatte Rosa von | |
Praunheim im Trashfernsehen Alfred Biolek und Hape Kerkeling geoutet. Was | |
für ein Skandal! Der Boulevard bebte vor Begeisterung, und ein paar | |
Dummköpfe behaupten jetzt tatsächlich, auf einem "heißen Stuhl" habe "alles | |
angefangen". Was für ein Irrtum! | |
20 Dec 2011 | |
## AUTOREN | |
Elmar Kraushaar | |
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