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# taz.de -- Kolumne Alles Bio?: Kein Kasten Bier für Wulff
> Das Ende der Wutbürgerei, tote Galionstierchen und der überraschendste
> Pornokonsument des Jahres: 2011 war ein Jahr des großen Wandels.
Das nächste Fest zum Drauf-Freuen: Silvester. Nur noch 11 Tage! Die letzten
11 Tage des Jahres 11. 2011, das ist Bin Laden, Breivik, Doktorschummel,
Arabischer Frühling, Fukushima, Finanz- und Wirtschaftskrise. Die
Drogenqueen Amy Winehouse hat sich totgesoffen. Das Symboltier für den
Kampf gegen den Klimawandel, Knut, ist tot. Gaddafi und Kim Jong-Il auch.
Mubarak, Ben Ali und Berlusconi weg. Die Welt ist im Wandel.
Keine Neuigkeit hingegen war 2011 die Erkenntnis, dass es in Deutschland
Nazis gibt, die Gewalt ausüben und sogar Menschen töten. Und dass beim
Verfassungsschutz mal nachjustiert werden müsste. Der unselige KT, "dessen
Name nicht genannt werden darf", sei ebenfalls nicht relevant, sagt mir
gerade meine Internet-Crowd. Sehe ich anders: Ich fand die
Berichterstattung darüber und den Online- und Offline-Protest - man
erinnere sich an die Schuh-Demo - doch sehr erfrischend.
2011 wurde die Welt auch mit dem Spaßfakt konfrontiert, dass der Obermacker
des islamistischen Terrors privat gerne Pornos konsumiert haben soll. Jetzt
ist Bin Laden tot und dank der guten PR-Arbeit der US-Regierung wird uns
davon vor allem ein gemütliches Fernsehrundenbild in Erinnerung bleiben.
## Die Krise bleibt auch 2012
Bin Laden war ja eh schon so out, wie er überhaupt sein konnte. Nach Anders
Breiviks Morden rüstete Norwegen nicht auf, sondern ab. Und als die
Revolutionärinnen und Revolutionäre in der arabischen Welt ihre
Facebook-Accounts gegen Zelte und Maschinengewehre tauschten, trugen sie
keine Bin-Laden-T-Shirts, sondern sprachen von Freiheit, Demokratie und
Gerechtigkeit. Und ihre Blogs sehen aus wie unsere, nur mit arabischen
Schriftzeichen. Ähnliches Webdesign, ähnliche Denkweise. Vielleicht hat das
Internet doch immanente Werte. Dezentralität, Transparenz, Kommunikation.
Das Internet ändert vieles. Konsequent: "der Protestler" wurde zum "People
of the year" des Time Magazine gekürt.
Verstärkung von Stimmungen. Kopien von Content, Schwarm-Verhalten. Nach dem
Unglück in Fukushima gelang es der deutschen Anti-Atom-Bewegung, Druck zu
machen für eine Rücknahme der schwarz-gelben Laufzeitverlängerungen für
Atomkraftwerke.
Angeblich gibt es in Deutschland jetzt eine positive Stimmung für eine
Energiewende, schrieb mir einer aus Baden-Württemberg bei Facebook. Und
andere aus dem Südwesten sind der Meinung, dass Stuttgart 21, die
Landtagswahl mit dem Regierungswechsel von Mappus zum ersten grünen
Ministerpräsident ein paar Worte wert sind. Also: schön, dass die Grünen da
im Süden ein paar Promille mehr als die SPD erringen konnten. Schön, dass
endlich Schluss ist mit der S-21-Wutbürgerei. Schön, dass da mal jemand
anderes regiert als die CDU. Etwa genauso wichtig: der Einzug der
Piratenpartei ins Berliner Abgeordnetenhaus. Schön!
Das Internet ändert nicht alles. Das Internet macht auch nicht schlauer
oder die Welt per se besser. Die Krise ist 2012 immer noch da. Jede Wette.
Auf den Verbleib von Christian Wulff als Bundespräsident hingegen würde ich
aktuell keinen Kasten Bier setzen.
20 Dec 2011
## AUTOREN
Julia Seeliger
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