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# taz.de -- Kolumne Die Kriegsreporterin: Klage-Liberale in Talkshow-Kellern
> Thomas Gottschalk , "Medium Magazin", "Stern" und "Emotion", dem Heft für
> ... ähm ... Dingsd ... äh ... Fakten.
Hallo taz-Medienredaktion!
Na, da bin ich aber froh, dass ihr nicht wissen wollt, mit wem ich die
letzten Jahre im Urlaub war. Ihr würdet kein Wort mehr mit mir reden. Auch
meine Checker-Freunde werden recht erleichtert sein, dass ich das nicht
mitteilen muss - sahen sie unsere Ferien doch als einen Akt der
Barmherzigkeit. Ich will ja jetzt so kurz vor Weihnachten nicht so auf die
Tränendrüse drücken, aber wo sollen wir Freien denn auch hinfahren, von dem
Hungersalär, das wir einstreichen?
Da muss man jeden Freund pflegen, der ein Wochenendhaus an der Autobahn
hat, jeden Bekannten, dessen Pfütze vor der Tür groß genug ist, um den
ganzen Körper hineingleiten zu lassen. Und wohl dem, der Menschen der
gehobeneren Einkommensschichten kennt, der auch mal ins Ausland einladen
kann. Etwa nach Österreich.
Die Macherinnen von Emotion, dem Heft für … ähm … Dingsda … äh … Fak…
werden sich freuen. Haben sie doch aktuell zur Ferienfrage und der, welche
Bank die besten Kreditkonditionen verspricht, Privatbank oder lieber die
olle Sparkasse, Bettina Wulff auf dem Cover. Die Frau des
Bundespräsidenten, Christdemokraten und Geldbeschaffers Christian. "Ich
möchte meinen Alltag so gut wie möglich weiterleben", wird Frau Wulff
zitiert, und da möchte man sagen: "Du, nur zu!" Das sollte doch kein
Problem sein, Christian macht ja grad alles klar. Geh du nur in dieses
unglaublich biedere, langweilige, fast hässlich zu nennende Haus, das man
nicht einmal dann beziehen möchte, wenn man nur 500 Euro dafür leihen
müsste. Da wirst du bald schon mit der Bunten auf der Couch rumlümmeln, die
halblange Häkelgardine mit Gänsen frisch aus der Reinigung geholt …
Apropos Biederkeit und Tischdeko - auch die Mitglieder der FDP haben
bereits jetzt mehr Zeit, ihr Heim zu genießen. Die Macher der Talkshows, so
wurde mir aus ARD-Kreisen zugetragen, vermeiden es aktuell, Politiker der
2-Prozent-Partei in die Sendungen einzuladen. "Wenn man jemanden von der
FDP einlädt", so meine ungenannt bleiben wollende Quelle, "geht die Quote
in den Keller." Das kann sich kein Verantwortlicher leisten. Zumal es im
Keller unerträglich laut ist, da dort die ganzen Klage-Liberalen sitzen,
die nach nordkoreanischem Vorbild in sippenhaftes Trauergeheul ausgebrochen
sind und bis auf Lindner alle nicht mehr wissen, wo oben und unten ist.
Wo oben ist, meinen immerhin diejenigen zu erahnen, die vom Medium Magazin
aufgefordert waren, den oder die "JournalistIn des Jahres" zu wählen. Neben
der außer Frage stehenden Wahl des tollsten aller SZ-Autoren, Willi
Winkler, zum "Kulturjournalisten des Jahres" hat die Jury Thomas Gottschalk
zum "Aussteiger des Jahres" ernannt. "Dieser Mann weiß, dass es mit 61 auch
mal gut ist und man nicht im Fernsehen altern sollte", hätte die Jury
gesagt, wenn es nach mir gegangen wäre.
Stattdessen aber hat sie ihn zum "Unterhaltungsjournalisten des Jahres"
erkoren, was die Frage nach dem "Journalisten" aufwirft. Gottschalk mag
zwar im öffentlich-rechtlichen Radio begonnen haben, folglich wird er auch
mal was mit Journalismus am Hut gehabt haben. Das aber, was er auf dem
"Wetten, dass..?-Sofa oder in der Dauerwerbesendung "Ein Herz für Kinder"
ablieferte, hat mit Journalismus so viel zu tun, wie das Magazin Landlust
mit der Sesamstraße.
Wobei Landlust in Bezug auf die Auflage alsbald den Stern eingeholt haben
könnte. In puncto Lesermacht hat es das schon: Nachdem die Herstellung
eines Gipsengels gezeigt wurde, kam es zu Engpässen in der Gipsversorgung.
Darauf einen Kräuterschnaps und zurück nach Berlin!
20 Dec 2011
## AUTOREN
Silke Burmester
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