# taz.de -- Interview mit Jobcenter-Chef: "Nicht traurig, dass der ÖBS ausläu… | |
> Wolfgang Steinherr über bessere Chancen für Langzeitarbeitslose und die | |
> wahren Sorgenkinder der Jobcenter | |
Bild: Es gibt immer wieder neue Programme der Arbeitsagentur für Erwerbslose | |
taz: Herr Steinherr, der Öffentlich geförderte Beschäftigungssektor (ÖBS) | |
ist weggefallen. Welche Möglichkeiten haben Sie denn noch für die | |
Vermittlung von Langzeitarbeitslosen? | |
Wolfgang Steinherr: Die Möglichkeiten sind vielfältig. Wir betreuen hier in | |
Marzahn-Hellersdorf 15.000 Arbeitslose. Davon sind 5.500 | |
Langzeitarbeitslose, die wir mit verschiedenen Instrumenten aktivieren und | |
qualifizieren können. Dazu kommen neue Maßnahmen wie die "Förderung von | |
Arbeitsverhältnissen", bei denen das Jobcenter bis zu 75 Prozent der | |
Lohnkosten bezahlt. | |
Das klingt, als fehlt Ihnen der ÖBS gar nicht? | |
Aus unserer Sicht war die Vermittlung in den ÖBS immer nur zweite Wahl. | |
Denn der zweite Arbeitsmarkt hat die Tendenz, die Leute dort festzuhalten. | |
Inzwischen hat sich der erste Arbeitsmarkt aber positiv entwickelt und wir | |
haben ganz andere Möglichkeiten. Insofern ist es nicht traurig, dass der | |
ÖBS ausläuft. | |
Der ÖBS war für Menschen gedacht, die besonders schwer vermittelbar sind. | |
Wollen Sie sagen, Sie kriegen jetzt alle Arbeitslosen im ersten | |
Arbeitsmarkt unter? | |
Ich behaupte nicht, dass wir gar keine Beschäftigung auf dem zweiten | |
Arbeitsmarkt mehr brauchen. | |
Nach den Plänen des neuen Senats aber nicht mehr zum Mindestlohn … | |
Die Grundidee des ÖBS leuchtet mir durchaus ein: Dank Mindestlohn fiel die | |
Hilfebedürftigkeit der Beschäftigten weg, sie waren nicht länger | |
Jobcenterkunden. Aber der ÖBS hat einfach unheimlich viel Geld gekostet. | |
Ist es nicht genauso teuer, wenn die Beschäftigten in anderen Maßnahmen | |
zusätzlich Geld vom Jobcenter bekommen? | |
Diese Rechnung habe ich noch nicht angestellt. Unser Schwerpunkt liegt aber | |
auch klar darauf, unsere Kunden für den ersten Arbeitsmarkt zu aktivieren. | |
Dabei ist die Beschäftigungsmaßnahme nur ein Instrument, und davon haben | |
wir noch ausreichend. Den klassischen 1-Euro-Job zum Beispiel. | |
Und damit kommen auch Menschen, die jahrzehntelang arbeitslos waren, in | |
Lohn und Brot? | |
Wir müssen unterscheiden zwischen denen, die wir durch eine Maßnahme wie | |
den ÖBS stabilisieren konnten. Sie brauchen vielleicht noch eine weitere | |
Qualifikation, und dann haben sie dank der Konjunktur gute Chancen, eine | |
Stelle auf dem ersten Arbeitsmarkt zu finden. Mein eigentliches Sorgenkind | |
sind die Arbeitslosen mit besonders schweren Vermittlungshemmnissen: etwa | |
Sucht, Schulden oder gesundheitliche Probleme. | |
Wie viele sind das? | |
Rund 20 Prozent unserer Kunden. Sie haben so große Probleme, dass wir sie | |
nicht einmal in den ÖBS oder andere Beschäftigungsmaßnahmen einbinden | |
konnten. Denn auch dort muss man ja motiviert sein, sich an Arbeitsabläufe | |
anpassen. | |
Welche Instrumente brauchen Sie für diese Menschen? | |
Vor allem gute Projektpartner. Insgesamt wünsche ich mir mehr Spielraum für | |
kreative Lösungen, die wir ganz konkret auf den einzelnen Kunden abstimmen | |
können. Die Stellen, die uns prüfen, haben das in der Vergangenheit zum | |
Teil sehr eng interpretiert. | |
22 Dec 2011 | |
## AUTOREN | |
Manuela Heim | |
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