Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- die wahrheit: Neues aus Neuseeland: Nek Minnit
> Jahresendzeitstimmung. Zeit für die große Bilanz. Was hat die Menschen in
> meinem Land bewegt? Wo offenbarten sich ihre wahren Interessen, ihre
> Leidenschaften, ihre Themen? Zum Glück ...
Jahresendzeitstimmung. Zeit für die große Bilanz. Was hat die Menschen in
meinem Land bewegt? Wo offenbarten sich ihre wahren Interessen, ihre
Leidenschaften, ihre Themen? Zum Glück gibt es den Informationskanal
YouTube, der uns das Psychogramm der Nation präzise aufzeigt. Vielleicht
sollte ich, um es spannender zu machen, an dieser Stelle die Quizfrage
stellen: Wer oder was befand sich auf dem 2011 in Neuseeland am häufigsten
gesehenen Video?
Richtig: Rebecca Black. Das ist die kleine schwarzhaarige Dame im Cabrio
und mit dürftig überschminktem Pickel, deren selbstproduzierter Song
"Friday" als so grottenschlecht empfunden wurde, dass er weltweit über eine
Billion Mal angeklickt wurde. Eine Art Hassreflex - 167 Millionen Mal davon
allein in Neuseeland. Eine ordentliche Trefferquote für ein
Viermillionenvolk. Immerhin sind wir weltweit nicht allein mit unserem
schlechten Geschmack.
Schaut man sich an, was es in Aotearoa auf den zweiten Platz der
YouTube-Hitliste geschafft hat, blickt man in einen noch tieferen
kulturellen Abgrund. Hier tut sich eindeutig ein
Nordhalbkugel-Südhalbkugel-Gefälle mit antipodischer Note auf. Denn weit
vor den erschreckenden Erdbebenszenen aus Christchurch oder den
Heldenmomenten der Rugby-Weltmeisterschaft wollten die Kiwis ein Machwerk
namens "Nek Minute" sehen.
In wenigen verwackelten Sekunden erblickt man da einen jungen Mann mit
weißer Stirnbinde, nacktem Oberkörper und unleserlichen Tätowierungen, der
nicht nur das obere Drittel seiner Unterhose hervorblitzen lässt, sondern
auch ein Gebiss frankensteinschen Ausmaßes. Der Zuschauer fragt sich, ob
das wohl aus einem Scherzartikelladen stammt. Ebenso erheiternd ist, dass
der Scooter des Protagonisten offensichtlich gerade zu Klump gefahren
wurde. Der absolute Schenkelklopfer ist aber, dass der Rollerbesitzer sich
nur sehr rudimentär zu artikulieren weiß. Was man mit "und dann passierte
im nächsten Augenblick Folgendes" übersetzen müsste, reduziert sich bei ihm
auf das verzerrte Raunzen der Worte: "Nek minute". Ein Brüller!
Der YouTube-Clip entstammt einem Skater-Film, hieß erst "Negg Minute", dann
"Nek Minute" und schließlich "Nek Minnit", um der Stammel-Orthografie
konsequent treu zu bleiben. Bei dem gefährlich bis grenzdebil wirkenden
Mann handelt es sich um den wahrscheinlich blitzgescheiten Levi Hawken aus
Dunedin. Der hat sich als furchtloser Skateboarder einen Namen gemacht,
weil er die steilsten Straßen herunternagelt, "hill bombing" genannt. Jetzt
hat er auch noch ein Stück kiwianischer Kulturgeschichte geschrieben.
"Nek Minnit" ist seit Monaten ein geflügelter Begriff. Moderatoren und
Teenager streuen ihn gern ein und warten auf Lacher. Neben etlichen
Parodien gibt es auch den gleichnamigen Song von Youth Empire, in dem diese
Textzeile hervorsticht: "Sitze auf dem Klo, lass gleich die Bombe fallen,
Nek Minnit, kein Klopapier da." Besser kann man das Vorher und Nachher, das
uns an Silvester bevorsteht, nicht zusammenfassen.
29 Dec 2011
## AUTOREN
Anke Richter
## ARTIKEL ZUM THEMA
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.