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# taz.de -- Interview mit Ferhad Ahma: "Sie sagen, ich rede zu laut"
> Der syrische Oppositionelle und Berliner Grüne Farhad Ahma wurde in
> seiner Wohnung zusammengeschlagen. Er ist sicher: Es war Assads
> Geheimdienst.
Bild: Nach der Attacke: Der Grünen-Politiker Ferhad Ahma.
taz: Herr Ahma, Sie sind vor 15 Jahren aus Syrien geflohen - am Montag
wurden Sie in Ihrer Wohnung in Berlin zusammengeschlagen.
Farhad Ahma: Um 2 Uhr morgens klopfte es an der Tür. Ich war noch wach und
habe auf Youtube Videos aus Syrien geschaut. Ich dachte, es wären
vielleicht die Nachbarn, denen das zu laut war. Als jemand draußen
"Polizei" sagte, bestätigte das meinen Verdacht. Aber kaum hatte ich die
Klinke heruntergedrückt, stürmten zwei Männer in die Wohnung und begannen,
mit Schlagstöcken auf mich einzuprügeln. Ich versuchte mich zu wehren, so
gut es ging, sie versuchten immer wieder meinen Kopf zu treffen. Als eine
Freundin dazukam, die gerade zu Besuch war und zu schreien begann, öffnete
ein Nachbar alarmiert die Tür. Da flohen die Täter. Ich hatte Glück, dass
ich nicht allein zu Hause war.
Wer, glauben Sie, waren die Angreifer?
Für mich gibt es nur eine Erklärung: Schergen des Assad-Regimes. Sie haben
während der ganzen Zeit nichts gesagt, aber sie sahen eindeutig nach Syrern
aus. Dass sie wussten, wo ich wohne, dass sie nicht vor dem Haus, sondern
direkt vor meiner Tür standen, deutet darauf hin, dass es keine spontane
Aktion war. Sie müssen mich schon zuvor beobachtet haben.
Wegen Ihrer Unterstützung für die syrische Revolution?
Ich habe mich immer für Menschenrechte und Demokratie eingesetzt. Deshalb
bin ich 1996 aus Syrien geflohen und wurde in Deutschland als Flüchtling
anerkannt. Ich bin eine Person, die Gesicht zeigt, ich bin leicht zu
finden. Ich bin Koordinator der Syrisch-Kurdischen Jugend im Exil und seit
einem Monat Mitglied des Syrischen Nationalrats, einer Art
Übergangsregierung im Exil. Ich glaube, ausschlaggebend für den Angriff war
mein Versuch, in Deutschland um Unterstützung für die syrische Revolution
zu werben. In einem Clip spreche ich für die Kampagne "Adopt a revolution",
das ist im Netz leicht zu finden.
Sie glauben, die syrische Regierung reagiert empfindlicher, wenn Sie sich
an Deutsche wenden, als wenn es nur um Vernetzung unter Syrern geht?
Auf jeden Fall. Da fürchten sie die Rufschädigung, den Verlust des
Rückhalts der internationalen Gemeinschaft. In Deutschland oder Europa über
die Ereignisse in Syrien zu berichten und um Solidarität zu werben, wird
leicht als Landesverrat gewertet.
Wurden Sie schon mal bedroht?
Nein. Aber meine Familie in Syrien wurde immer wieder angesprochen: Ich
rede zu laut, ich verkehre in falschen Kreisen. Es ist eine übliche Taktik,
die Angehörigen zu bedrohen. Es gab aber immer auch direkte Angriffe des
syrischen Geheimdienstes auf Oppositionelle im Ausland. In Frankreich, wo
mehr und bekanntere Aktivisten leben, stehen manche unter Polizeischutz.
Gab es in Deutschland schon zuvor Anschläge auf syrische Oppositionelle?
In den 1980ern gab es auch Mordversuche, etwa in Aachen. Dasselbe Regime
herrscht noch immer, mit denselben Methoden. Die letzten Jahre blieb es bei
Einschüchterung. Seit der Aufstand in Syrien begann, haben sich syrische
Oppositionelle in Berlin beklagt, auf Demonstrationen und am Rande von
Kundgebungen gefilmt und überwacht worden zu sein. In Niedersachsen wurden
manchen Zettel unter die Tür geschoben: Passt auf, wir wissen, wo ihr
wohnt.
Warum dann jetzt diese erneute Eskalation?
Die Proteste weiten sich aus, es gibt mehr Aufmerksamkeit aus dem Ausland.
Das Regime steht enorm unter Druck. Seine Tage sind gezählt, deshalb
schreckt es vor nichts mehr zurück. Sei es aus Verzweiflung oder Rache.
29 Dec 2011
## AUTOREN
Juliane Schumacher
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