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# taz.de -- Mediengruppe vor Verkauf: Ende der Clangesellschaft
> Die WAZ-Gruppe, einer der größten deutschen Zeitungsverlage, hört nur
> noch auf eine Familie. Doch ob die nun zum Durchmarsch ansetzen kann,
> darf getrost bezweifelt werden.
Bild: Frohe Nachricht: Die WAZ-Herrscherdynastie will neu bauen.
Am Ende hat es doch noch zwei Wochen länger gedauert: Erst ganz kurz vor
Toresschluss des alten Jahres ist bei der Essener WAZ-Gruppe alles perfekt.
Fast perfekt. Die Familie Grotkamp kann wie geplant die bislang in den
Händen der Familie Brost und ihrer Erben liegende Hälfte der größten
deutschen Regionalzeitungsgruppe dazukaufen.
Am 16. Dezember hatte der Brostsche Testamentsvollstrecker, der Essener
Anwalt Peter Heinemann, noch Spekulationen über den unmittelbar bevorstehen
Deal zurückgewiesen: "Bislang liegt ein unterschriftsreifer Vertrag nicht
vor." Das ist seit Donnerstag anders: Wie die Süddeutsche Zeitung
berichtet, ließ Heinemann am 29. Dezember über einen Düsseldorfer Anwalt
mitteilen, das Vertragswerk sei nun "geprüft" und "aus seiner Sicht
unterschriftsreif".
Der Vollzug gilt jetzt als Formsache. Damit ist die ewige Parität zwischen
den beiden Gründerfamilien des Zeitungskonzerns (in Deutschland 5 Titel in
NRW, 3 in Thüringen plus Braunschweiger Zeitung plus Kleinvieh) Geschichte.
Bislang hatten die Erben der WAZ-Gründer Erich Brost und Jakob Funke – des
Vaters von Petra Grotkamp – je hälftig Freud und Leid des Ladens geteilt.
Jeder Clan benannte je einen Geschäftsführer, die Gesellschafterversammlung
muss bis heute ihre Beschlüsse einstimmig fassen.
Gerade das hatte den Konzern ins Schlingern gebracht, weil man sich oft
verkämpfte, gar keine Entscheidung fiel und die meisten Entwicklungen
ungenutzt vorbeizogen. Zuletzt sah sich die WAZ-Gruppe - der Umsatz 2010
stieg wieder leicht auf 1,2 Milliarden Euro) eher als Sanierungsfall,
schickte ab 2009 300 Redaktionsmitarbeiter in NRW sozialverträglich nach
Hause und strukturiert im Verlag weiterhin um.
500 Millionen Euro wollen die Grotkamps, denen aus dem Funke-Erbe schon
heute knapp 17 WAZ-Prozente gehören, für die Brost-Hälfte zahlen. Weil so
eine Summe selbst schwerreiche Ruhrbarone nicht allein stemmen, gewährt
offenbar sogar der enterbte und längst ausgezahlte Brost-Sohn Martin
Kredit. Nutznießer sind seine drei Kinder, die noch jungen Enkel Erich
Brosts.
Ob die Grotkamps – Petras Gatte Günther war 1975 bis 2000
WAZ-Geschäftsführer – jetzt zum Durchmarsch ansetzen können, darf
allerdings getrost bezweifelt werden.
Zwar gehört ihnen nach dem Deal mit 66,67 Prozent dann die absolute
WAZ-Mehrheit. Doch Jakob Funke hatte vier Töchter, mithin pochen in der
Funke-Gruppe noch weitere Familien auf Recht, Einfluss und vor allem Geld.
Und auch diese "Funke-Familiengesellschaft" - inklusive des Grotkampschen
Stammanteils von 16,67 Prozent - hat ganz eigene Spielregeln, wenn es um
Gesellschafterabstimmungen geht.
Perfekt ist das nicht, die WAZ bleibt vertrackt. Doch immerhin ein bisschen
geht es aufwärts: Am Stammsitz der Gruppe, dieser architektonisch
trostlosen Gebäudeansammlung hinter dem Essener Hauptbahnhof, soll neu
gebaut werden.
2 Jan 2012
## AUTOREN
Steffen Grimberg
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