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# taz.de -- Kolumne Alles Bio?: 2C-B und GBL
> Was so simpel gebaut ist wie Alkohol, kann nicht gefährlicher sein,
> denken die Leute.
Ich hab's ja Silvester mal mit ganz wenig Alkohol probiert. Hat super
geklappt, ich war die ganze Zeit in der Lage, SMS zu schreiben, und hab
niemanden beleidigt oder sexuell belästigt. Und auch keine Böller
angezündet. Unten auf der Straße marodierten die Krawalltouristen.
Alkohol gilt als ungefährlich. Vielleicht, weil es im Vergleich zu anderen
Drogen eine so simple Strukturformel aufweist. "Was so simpel gebaut ist,
kann nicht schädlich sein", denken sich die Zensoren vom
Betäubungsmittelgesetz wohl und lassen den gefährlichen Stoff draußen –
obwohl er da von den Wirkungen her auf jeden Fall reinmüsste. Freundliche
Stoffe wie LSD, 2C-B, Zauberpilze aber sind verboten. Das ist doch nicht
gerecht!
Warum macht der Spiegel nicht mal mit "Volksdroge Alkohol" anstatt mit
"Volksdroge Cannabis" auf? Und nicht nur da: Wenn ich mir so reinziehe, was
schon alles Böses in den Medien über das flauschige Ecstasy geschrieben
wurde, macht mich das einfach nur traurig.
Wer illegalisierte Drogen konsumiert, ist zahlreichen Zuschreibungen
ausgesetzt. Durch die Umwelt, die Angst vor dem Unbekannten hat. Die ihre
Vorurteile bestätigt sehen will und andere abwerten möchte. Über Drogen
redet man medial nur in Bekenntnisform. Hinausgehend über ein "hat Stoff X
konsumiert" kommt kaum mal eine Botschaft rüber. Bei Helene Hegemanns Roman
ging es auch nur um die Berghain-Geschichten.
Ein Skandal-Thema, ein Elternangstthema, bei dem ein rationaler Diskurs
kaum möglich ist. Meine Mutter schickte mir eine Zeit lang Zeitungsartikel,
in denen über neue "Erkenntnisse" zur Gefährlichkeit von Cannabis berichtet
wurde. Danke, Mama – und jetzt? Das Leben ist gefährlich, und ich wohne
auch an einer großen Straße mit viel Feinstaub-Output.
Ganz skurril wird es bei Geschlechterfragen. Drogen sind ja eh nur was für
Männer, nicht? Die sind hart und schädigen ihren Körper gerne. Frauen,
diese armen Wesen, können es sich ja gar nicht leisten, bewusstlos in der
Gosse zu liegen. Klischees über Klischees. Knalligstes Beispiel: Bei der
zweifellos eher für Fortgeschrittene gedachten Droge GBL wird gern davon
gesprochen, sie sei eine "Vergewaltigungsdroge". Dabei ist das Problem die
Heimlichkeit, der Übergriff und der Vergewaltiger – und nicht der Stoff.
Und das Setting. Bin ich mit Freunden zusammen? Oder bin ich allein in
einer Assi-Disco mit Aufreißertypen, die Frauen ins Koma drogen wollen, um
sie dann abzuschleppen? Klassisch machen die das ja mit Alkohol. Es ist
nicht der Stoff, es ist der alltägliche Sexismus und der Gedanke von
manchen, man könnte sich andere Menschen einfach nehmen.
Das Drogenmonster ist das Gentechnikmonster der Konservativen. Und
"konservativ" geht hier weit über die Parteigrenzen hinweg. Angst, Angst,
Angst! Wie das Kaninchen vor der Schlange.
Ist ja so: Über Drogen kann man gar nicht genug schreiben. So viel Unsinn,
wie andere da in die Welt setzen, kann man gar nicht ausgleichen. Hat man
ja auch an Amy Winehouse gesehen. Woran isse gestorben?
3 Jan 2012
## AUTOREN
Julia Seeliger
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