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# taz.de -- Auslaufmodell Hallenfußball: Treffen der Traditionselfen
> Kaum noch ein Bundesligist verirrt sich zum Kicken in die Halle. Der Boom
> ist längst vorbei. Dabei kommt weiterhin viel Publikum - und guckt sich
> alte Männer an.
Bild: Wegen des engen Rahmenterminkalenders ist Hallenfußball zum Minimalprogr…
FRANKFURT AM MAIN taz | Gert Trinklein nennt Felix Magath noch heute seinen
"alten, guten Kumpel". In Bundesliga-Zeiten, als die "Sportschau" noch
Zusammenfassungen von drei Spielen und die meisten Fernseher nur
schwarz-weiß sendeten, sind sich die beiden oft genug als Gegner begegnet.
Mittlerweile gilt die Bande als so eng, dass Magath, 58, seinem Freund
Trinklein, 62, jedes Jahr einen Gefallen tut: mit seinem aktuellen
Arbeitgeber beim Frankfurter Hallenfußballturnier aufzukreuzen.
Was im vergangenen Jahr also der FC Schalke 04 tat, wiederholt aktuell der
VfL Wolfsburg: abends auf Kunstrasen kicken, am Main übernachten, nächsten
Morgen ins Trainingslager jetten, diesmal nach Dubai. Trinklein, der seit
mehr als einem Vierteljahrhundert diese Veranstaltung arrangiert, verspürt
deshalb große Dankbarkeit, "die meisten Vereine sind ja nicht mehr willens,
in der Halle zu spielen, obwohl das in der fußballlosen Zeit eine
fantastische Serviceeinrichtung ist."
Doch wegen des engen Rahmenterminkalenders ist Hallenfußball zum
Minimalprogramm geschrumpft: Am Donnerstag findet das erste von drei ernst
zu nehmenden Turnieren in Mannheim mit den Erstligisten 1. FC
Kaiserslautern, TSG Hoffenheim und VfL Wolfsburg statt, am Freitag spielen
in Frankfurt neben Wolfsburg und den lokalen Größen Eintracht und FSV
Frankfurt sowie Kickers Offenbach auch wieder die Hoffenheimer mit, deren
Trainer Holger Stanislawski ähnlich wie Magath das Ambiente mag.
## Bestes Ambiente
Als der wohl größte Hallenfußball-Befürworter unter allen Profitrainern
gilt indes Friedhelm Funkel, der mit Alemannia Aachen auch gleich an zwei
Events teilnimmt. Eine erhöhte Verletzungsgefahr sei Nonsens, so Funkel,
zudem gebe es kein besseres Ambiente, sich mal entspannt auszutauschen.
So ist seine Alemannia auch dabei, wenn am 9. Januar mit einem weiteren
Turnier des Viertligisten Rot-Weiss Essen (an dem die Zweitligisten MSV
Duisburg und Fortuna Düsseldorf teilnehmen) in der Grugahalle an die
Geburtsstunden des Hallenfußballs erinnert wird. Am 9. Januar 1972 johlten
7.000 Menschen, als eine RWE-Truppe um "Ente" Lippen die Gladbacher Fohlen
mit Netzer, Vogts und Heynckes düpierte.
Auch in den 80er Jahren war es noch üblich, dass sich Stars auf Holz oder
Linoleum zur Unterhaltung des Publikums die Knie aufschürften. In den 90er
Jahren nahmen sich dann DFB und DFL dieser Einnahmequelle an; es gab einen
DFB-Hallenpokal, später ein Hallen-Masters mit eigenen
Qualifikationsturnieren.
## Kaum Platz für Spaßveranstaltungen
Alles endete dann abrupt 2001. Erst hatten die Spitzenteams die Lust und
dann die Funktionäre den Kopf verloren. Fifa wie Uefa zimmerten einen
Rahmen-terminkalender zusammen, in dem zwecks Geldvermehrung fast
ganzjährig gespielt werden muss. Für Spaßveranstaltungen unterm Hallendach
ist kaum Platz.
Ein Traditionalist wie Trinklein bedauert das: "Die Zuschauer lieben dieses
Flair. Wo sonst können Kinder ihren Idolen so nahe sein." Manuel Neuer habe
beispielsweise im Vorjahr in der Frankfurter Ballsporthalle fast pausenlos
Autogramme geschrieben.
Deshalb will Trinklein auch so lange wie möglich weitermachen. Nur: Würde
der Spartensender Sport1 nicht übertragen, wäre die Refinanzierung der
sechsstelligen Etats unmöglich. Die Fernsehmacher zeigen mittlerweile sogar
Hallenfußball mit Traditionsmannschaften stundenlang live.
## Verteranen von Real
Am Montag war etwa aus Oldenburg zu besichtigen, dass der bald auch im
RTL-"Dschungelcamp" auftretende Ailton frustriert gegen die Werbebande
trat, weil die Werder-Oldies - mit dem 61-jährigen Veranstalter Dieter
Burdenski zwischen den Pfosten - gegen die Altstars von Borussia
Mönchengladbach hoffnungslos untergingen.
Übernächsten Samstag wartet auf Peter Wynhoff und Jörg Neun, Bachirou Salou
oder Chiquinho das nächste Highlight: Dann tritt die
Weisweiler-Gedächtniself im Rahmen einer noch größer vermarkteten
Veranstaltung in Berlin auch auf ausgewählte Veteranen von Real Madrid. Für
dieses Alte-Herren-Turnier ist die Max-Schmeling-Halle übrigens bis auf
wenige Restkarten ausverkauft.
4 Jan 2012
## AUTOREN
Frank Hellmann
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