# taz.de -- Evangelische Kirchenfusion: Ost und West im Norden vereint | |
> In Norddeutschland tun sich drei evangelische Landeskirchen zusammen. Die | |
> neue Nordkirche vereint große Gegensätze und wird die erste | |
> Ost-West-Kirche Deutschlands. | |
Bild: Der Michel in Hamburg gehört bald nicht mehr zur Nordelbischen Landeskir… | |
HAMBURG taz | Das Gründungsfest der neuen evanglischen "Nordkirche" kann | |
steigen. An Pfingsten soll die Fusion der Nordelbischen Landeskirche aus | |
Schleswig-Holstein und Hamburg mit der Landeskirche Mecklenburgs und der | |
Pommerschen Kirche gefeiert werden. Dafür wird die Innenstadt des kleinen, | |
schleswig-holsteinischen Städtchens Ratzeburg gesperrt - und der | |
Gottesdienst aus dem Dom live in der ARD übertragen. | |
Dabei steht die Fusion noch gar nicht ganz fest: Die dritte Lesung der | |
neuen Kirchenverfassung in der verfassunggebenden Synode, einem | |
Kirchenparlament, steht noch aus - sie beginnt am Donnerstag in Rostock. Am | |
Sonnabend stimmen die Kirchenparlamentarier ab, ihre Zustimmung gilt als | |
wahrscheinlich. Die Kirchenleitungen betonen im Vorfeld allerdings schon | |
mal, dass sie keinen Plan B hätten, wenn es ein "Nein" gäbe. | |
Die neue "Evangelisch-Lutherische Kirche in Norddeutschland" wird mit 2,3 | |
Millionen Mitgliedern die fünftgrößte Landeskirche der Republik - und die | |
erste Ost-West-Kirche. Sie soll mit vier Bischöfen arbeiten, ihr | |
Verwaltungssitz wird in Kiel liegen. | |
Sie vereint große Gegensätze. Denn das Bistum Nordelbien ist mit seinen | |
über zwei Millionen Mitglieder zehnmal so groß wie die Kirchen aus | |
Mecklenburg und mehr als zwanzigmal so groß wie die Kirche aus Pommern - | |
und damit auch wirtschaftlich erheblich stärker. | |
## Stelleneinsparungen in der Leitung | |
Entsprechend werden die Kirchenkreise und Gemeinden in Schleswig-Holstein | |
und Hamburg die Kosten der Fusion tragen müssen: Durch einen | |
Finanzausgleich dürften sie künftig nach Angaben der kirchlichen | |
Pressestelle 3,8 Prozent weniger Geld bekommen. Für die Gemeinden und ihre | |
Mitglieder ändert sich sonst wenig - nur die kircheninternen Begriffe und | |
Strukturen werden angepasst. | |
Die stärksten Auswirkungen hat die Fusion für die Mitarbeiter der Kirchen. | |
Zwar verspricht der Pressesprecher der Nordelbischen Kirche, Frank Zabel, | |
dass "kein Mitarbeiter deshalb seinen Arbeitsplatz verlieren wird". | |
Allerdings sollen "im Bereich Leitung und Verwaltung der neuen Kirche "15 | |
Prozent der Stellen eingespart werden". Ein Teil der Mitarbeiter aus den | |
Ost-Kirchen fällt nun unter den Tarifvertrag aus Nordelbien. Die Gehälter | |
der Pastoren aus Pommern und Mecklenburg sollen mittelfristig angepasst | |
werden. | |
Die Initiative für die Fusion kam 2007 aus Schleswig-Holstein und Hamburg. | |
Die Kirchenleitungen begründen den Schritt mit sinkenden | |
Kirchensteuereinnahmen und den bisherigen guten Erfahrungen aus | |
Kooperationen und Partnerschaften zwischen den Kirchen. | |
## Kein Beitrag zur Verkündigung des Glaubens? | |
"Die inhaltliche Idee der Fusion ist, dass Ost und West sich kirchlich | |
miteinander verbinden", meint überdies die Hamburger Bischöfin Kirsten | |
Fehrs. Hans-Joachim Ramm hält diese Idee für "Unsinn". Er ist | |
stellvertretender Vorsitzender des berufsständischen Pastorenvereins aus | |
Nordelbien - und Fusionsskeptiker, von denen es in allen drei Kirchen | |
einige gibt. Er sieht vor allem die Gefahr, dass "in einem großen Gebilde | |
die Gemeinschaft verloren" gehe. | |
Auch für Johannes Schilling, der als Professor in Kiel Kirchengeschichte | |
lehrt, mangelt es an einer theologischen Begründung der Fusion. Die | |
deutsche Vereinigung voranzutreiben sei kein kirchliches Ziel. Wichtiger | |
sei vielmehr die Frage, ob die Fusion der Kirchen etwas zu derem zentralen | |
Ziel, der Verkündigung des Glaubens, beitrage. "Daran habe ich so meine | |
Zweifel", bekennt Schilling. | |
5 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
Daniel Kummetz | |
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