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# taz.de -- Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
> Das neue Genre Bashtainment und warum Wulff Diekmanns nützlicher Depp
> ist.
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht letzte Woche?
Friedrich Küppersbusch: Muss Wulff die Schuhe als geldwerten Vorteil
versteuern ? Diekmann … fass!
Was wird besser in dieser?
Guttenberg bringt einen Entlastungsangriff für Wulff und tritt beim
Aachener Karneval auf.
Die Jamaika-Koalition der FDP mit Grünen und CDU im Saarland ist nun auch
noch an Personalquerelen der FDP gescheitert. Jetzt kann doch nur noch
Guttenberg den Karren aus dem Dreck ziehen, oder?
Nein, dieses Planspiel heißt: Können Westerwelles Erben so peinlich sein,
dass man sich dort irgendwann wieder nach Westerwelle sehnt? Es läuft gut
für ihn.
Kai Dieckmann gegen Christian Wulff: Wer streckt hier wen zuerst nieder?
Wenn es nicht legitim wäre, dass ein Politiker erbost einen Chefredakteur
anruft, dann wären die Rundfunkräte der öffentlich-rechtlichen Sender
organisierte Kriminalität. Da rufen Politiker die Chefredakteure nicht an,
sondern heuern oder feuern sie. Eine These, über die wir gern diskutieren
können. Diekmanns Umgang mit Wulffs verzweifeltem Peinlichkeitsauftritt
gleicht dem eines Vierschröters, der die Liebesbriefe seiner Ex seinen
Onanierbrüdern in der Sauna vorliest. Dass der Bundespräsident sich, das
Amt und uns als die durch ihn Repräsentierten das zumutet, ist mehr, als er
darf. Die Weltrekord-Wehleidigkeit der Springer und ihrer Sympathisanten
bei den meisten anderen Medien allerdings nimmt niemanden in die Pflicht:
An dem Tag, an dem Politiker sich nicht mehr gegen Bild wehren dürfen, ist
Bild Verfassungsorgan. Ein Chefredakteur, ein Verleger bekommt sein Gehalt
unter anderem dafür, Druck auszuhalten - dass Diekmann sich zum
Stauffenberg der Pressefreiheit hochjuxt, ist bereits sein Sieg und Wulff
sein nützlicher Depp.
Die Kanzlerin sprach Wulff ihre "große Wertschätzung" aus. Hat sie das
freiwillig getan?
Bild hat Wulff hochgeschrieben, als möglichen Kanzler apostrophiert. Vor
der Affäre war er Merkels letzter Rivale. Jetzt nicht mehr.
Nebenschauplätze gibt das ganze Drama um das Staatsoberhaupt jetzt auch
schon her: Sogar der Vorsitzende des Deutschen Kniggerats kommentierte die
Behauptung von ZDF-Journalistin Bettina Schausten im Wulff-Interview, sie
würde für ein Gästezimmer bei Freunden 150 Euro bezahlen. Ist Schausten
noch tragbar, wenn sie gelogen hat?
Sie hat das zurückgenommen. ARD und ZDF als letzte Fluchtburg für
Politiker, die sich woanders nicht mehr hintrauen, ist ein zwiespältiges
Kompliment: Die müssen fair sein, die dürfen uns nichts tun. Schon vor dem
Interview hatten alle "Wir müssen leider draußen bleiben"-Medien den Daumen
gesenkt. Und dies wissend haben sich Schausten und Deppn Dorf gut
geschlagen. Guttenberg, Westerwelle, Wulff : Weil die Welt so kompliziert
ist, haben die Medien das neue Genre Bashtainment entwickelt. Das ist
Politikberichterstattung nach den Grundregeln des RTL-Dschungelcamps. Wir
haben ja in der Tat eine Staatskrise - die finale Machtübernahme der
Banken, der Währungskollaps, das Wanken der EU - und die Wulff-Causa selber
ist ein marginaler Nebenschauplatz.
Bei den Vorwahlen im Präsidentschaftswahlkampf der US-Republikaner haben
der Mormone Mitt Romney und der Liebling der christlichen Fundamentalisten,
Rick Santorum, das Rennen gemacht. Wann wird die USA ein Gottesstaat?
Santorum ist so vergleichsweise günstig weggekommen, weil Romney die
falsche Religion, eine lesbisch verheiratete Schwester hat und gegen die
"Homo-Ehe" focht, abwechselnd für und gegen Abtreibung antrat. Er erfand
2006 für Massachusetts eine Gesundheitsreform, deren saubere Abschrift
Obamas er jetzt vernichtend kritisiert. Der macht jeden Quatsch mit und
also am Ende das Rennen.
Am Freitag startet das RTL-Dschungelcamp. Wer muss unbedingt rein?
RTL muss peinliche Politiker holen, sonst kommen die gegen die "Tagesschau"
nicht mehr an.
Die Briten streiten schon vor Maggie Thatchers Tod darüber, ob ihr ein
Staatsbegräbnis zuteil werden soll. Britischer Humor, oder haben die keine
anderen Sorgen?
Sicher sinnvoll, noch zu Lebzeiten mit Thatcher zu klären, ob sie in
strenger Auslegung ihrer Auffassung einen Postversand ihrer Leiche in ein
Leichtlohnland nebst Verscharren auf einem Schnäppchenacker wünscht. Mit
der britischen Industrie hat sie es so gehalten.
Und was machen die Borussen?
Haben "wohl einen neuen Geldesel gefunden", vermutet der alte Geldesel
Hoeneß. FRAGEN: AKL
8 Jan 2012
## AUTOREN
Friedrich Küppersbusch
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