# taz.de -- Pressefreiheit in Österreich: Ein parteipolitisches Wunschkonzert | |
> SPÖ-Mann Pelinka hat die Wiederwahl von ORF-Generaldirektor Wrabetz | |
> eingefädelt. Nun ist er dessen Büroleiter. Wird der Sender zum Spielball | |
> der Parteien? | |
Bild: Unter massiver Kritik: ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz. | |
WIEN taz | Im ORF ist Feuer unterm Dach. Der österreichische | |
öffentlich-rechtliche Rundfunk droht ganz offen zu einer Spielwiese der | |
Regierungsparteien, vor allem der Sozialdemokratischen Partei (SPÖ), zu | |
werden. Im ORF-Zentrum liegt ein Appell für einen unabhängigen | |
Rundfunksender aus, der von den meisten Redaktionsmitgliedern unterstützt | |
wird. | |
"Wir, die Journalistinnen und Journalisten des ORF, stehen für einen | |
unabhängigen ORF. Wir sind ausschließlich journalistischer Ethik und dem | |
ORF-Publikum verpflichtet und lassen uns die in der Verfassung garantierte | |
Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht nehmen", heißt es | |
darin. Und: "Während Dienstposten in den Redaktionen in längst | |
unerträglichem Ausmaß reduziert werden, gibt es für Stellen, die zur | |
Erfüllung parteipolitischer Wünsche neu geschaffen werden, offenbar Geld". | |
Anlass für diesen Hilferuf ist die bevorstehende Ernennung von Niko Pelinka | |
zum Bürochef von Generaldirektor Alexander Wrabetz. Die Nominierung des | |
erst 25-jährigen Senkrechtstarters hat mehrere Schönheitsfehler. Niko | |
Pelinkas für solche Posten ungewöhnlich jugendliches Alter ist dabei noch | |
der harmloseste Makel. Der junge Mann war nämlich bis zuletzt Koordinator | |
des SPÖ-Freundeskreises im Stiftungsrat des ORF. | |
Als solcher hatte er vergangenen Sommer die Wiederwahl des bereits | |
politisch abgeschriebenen Generaldirektors orchestriert. Seit die | |
Rundfunkreform der konservativen Regierung unter Wolfgang Schüssel (ÖVP) | |
den ORF "entpolitisierte", organisieren sich die formal unabhängigen | |
Stiftungsräte in "Freundeskreisen". Die Mitglieder des Aufsichtsgremiums | |
werden seither nicht mehr direkt von den Parteien entsandt, sind aber fast | |
ausnahmslos politisch zuzuordnen. | |
Der andere Schönheitsfehler ist ein formaler: Der Posten war noch gar nicht | |
ausgeschrieben, als Wrabetz am 23. Dezember seine Personalentscheidung | |
öffentlich machte. Die Bewerbungsfrist für den mit mindestens 5.270 Euro | |
brutto dotierten Job endet am 10. Januar. | |
## "Die SPÖ hat ihn ausgesucht" | |
Für Armin Wolf, den prominentesten Anchorman des Senders, ist klar: "Die | |
ORF-Spitze wird politisch erpresst. Und sie lässt sich leider erpressen", | |
erklärte er gegenüber dem Wochenmagazin Profil. Wrabetz suche sich seinen | |
Büroleiter nicht selber aus: "Die SPÖ hat ihn ausgesucht." | |
Die öffentlichkeitsscheue Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek | |
widmete dem rotblonden Jungspund einen ätzenden Essay "Der kleine Niko", in | |
dem sie mit dessen Bestellung das Ende der Sozialdemokratie heraufdräuen | |
sieht: "Sie töten die politische Bewegung, aus der ihre Altvorderen | |
gekommen sind. Und jetzt ist sie tot, die Sozialdemokratie, sie weiß es | |
vielleicht noch nicht, ich glaube, sie weiß es wirklich nicht, wenn ich mir | |
diese Gesichter so anschaue." | |
Interessant ist, dass die heftigste Kritik von links kommt und der SPÖ | |
bescheinigt wird, sie beschädige sich durch diese unverblümte Machtpolitik | |
selbst. Proteste aus der ÖVP, die ihrem einst offen zelebrierten Zugriff | |
auf die Redaktionen nachtrauert, kommen eher schüchtern daher. Wurden doch | |
die ÖVP-Stiftungsräte, die gegen die Parteilinie für Wrabetz gestimmt | |
haben, mit fetten Posten belohnt. | |
Pelinka will nach dem Wirbel seinen Verzicht angeboten haben, was aber von | |
Wrabetz abgelehnt worden sei. | |
Unerwartet erfolgreich war der Aufruf von Redakteurssprecher Dieter | |
Bornemann, sich um die Position des Büroleiters zu bewerben. Mehr als 3.000 | |
Bewerberinnen und Bewerber folgten dem. Qualifiziert sind sie wohl alle, | |
denn die auf Pelinka zugeschnittene Ausschreibung gibt kein | |
Anforderungsprofil vor und verlangt weder Erfahrungen noch Ausbildung. | |
9 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
Ralf Leonhard | |
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