| # taz.de -- Streit um NS-Bunker: Gedenken zwischen Schrauben | |
| > Obwohl im Bremer U-Boot-Bunker Valentin eine Gedenkstätte für | |
| > KZ-Häftlinge und Zwangsarbeiter entsteht, will der Bund ihn als | |
| > Maschinen-Lager vermieten. | |
| Bild: Feucht wie damals: der ehemalige Zwangsarbeiter Antonio Karl-Heinz Therme… | |
| BREMEN taz | Begleitet von einem Festakt, wurde im U-Boot-Bunker Valentin | |
| in Bremen-Farge am 8. Mai 2011 die Eröffnung einer Gedenkstätte gefeiert. | |
| Bremens Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) und Kulturstaatsminister Bernd | |
| Neumann (CDU) feierten an diesem Tag die Entstehung einer "zentralen | |
| bremischen Gedenkstätte von nationaler Bedeutung". | |
| Das Bunkergebäude ist allerdings Eigentum der Bundesanstalt für | |
| Immobilienaufgaben (BIMA). Und die folgt allein wirtschaftlichen | |
| Erwägungen. Deshalb will sie nun die mittlere Halle des Bunkers als Lager | |
| vermieten. Dort soll jedoch auch der Empfangsbereich - und einzige Zugang - | |
| der Gedenkstätte entstehen, die die Landeszentrale für politische Bildung | |
| baut. Letztere streitet nun mit der Bundesanstalt und bekommt seit Dezember | |
| Rückendeckung von Bremens Landesdenkmalpfleger Georg Skalecki. | |
| "Die Größe dieser unmenschlichen Architektur muss wahrnehmbar bleiben", | |
| sagte Skalecki zur taz. Bereits seit 2005 ist der Bunker als Denkmal | |
| geschützt. Er ist 426 Meter lang, bis zu 90 Meter breit und 30 Meter hoch. | |
| 1943 hatten die Nationalsozialisten mit dem Bau begonnen. Umgeben von | |
| sieben Meter dicken Mauern, sollte dort eine U-Boot-Werft entstehen. Über | |
| 10.000 Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge mussten dort arbeiten, mindestens | |
| 2.000 starben. Großadmiral Karl Dönitz und Reichsminister Joseph Goebbels | |
| überzeugten sich persönlich vom Fortschritt des Baus. Denn die U-Boote | |
| sollten den Krieg entscheiden. Die Werft wurde jedoch nie fertiggestellt. | |
| Ab 1962 nutzte die Bundeswehr den gesamten Komplex dann als Materialdepot, | |
| und Anfang 2011 übernahm ihn die BIMA. Innen ist der Bunker dreigeteilt. | |
| Und die 120 Meter lange mittlere Halle, durch die die | |
| Gedenkstätten-Besucher müssen, nun mit Kisten oder Maschinenteilen | |
| vollzustellen kommt für Denkmalschützer Skalecki nicht in Frage. | |
| "Mindestens eine Hälfte der Halle muss frei einsehbar bleiben, um deren | |
| Dimension zu erfassen." Das teilte Sakelcki der BIMA im Dezember auch | |
| schriftlich mit. | |
| Ob sie Skaleckis Vorgaben wirklich folgen muss, lässt die BIMA derzeit | |
| prüfen. Denn, so erklärte deren Fachgebietsleiter Hans-Heinrich Schrievers: | |
| "Unsere Aufgabe ist, dass das Objekt keine roten Zahlen schreibt, damit der | |
| Steuerzahler nicht zu sehr in Anspruch genommen wird." | |
| Schrievers sieht ein klares "Mieter-Vermieter-Verhältnis": "Bremen möchte | |
| in unserem Bunker eine Gedenkstätte errichten." Der Erhalt des Gebäudes | |
| koste etwa 300.000 Euro im Jahr - für Licht, Strom, Wasser, aber vor allem | |
| für die "Verkehrssicherung" der Außenwände. Immer wieder komme es zu | |
| Abplatzungen von Beton, sagt er. Das wäre nicht so schlimm, wenn keine | |
| Menschen in der Nähe wären. Aber Besucher - "die wollen wir ja alle", sagt | |
| Schrievers. Deshalb werden die Wände regelmäßig abgeklopft und repariert. | |
| Das Geld dafür müsse er erwirtschaften, so Schrievers. | |
| In einer Rahmenvereinbarung zwischen Bremen und der BIMA war im Januar 2011 | |
| die gemeinsame Nutzung des Gebäudes festgelegt worden. Darin steht, dass | |
| der hintere Ruinenteil des Bunkers zur Gedenkstätte gehört, die nur von der | |
| mittleren Halle aus zugänglich ist. Wie sich die beiden Nutzer diese Halle | |
| teilen sollen, legt der Vertrag aber nicht fest. Was für Schrievers heißt, | |
| dass er die Höhe der Halle ganz ausnutzen will. Sie sei "bestens geeignet" | |
| als Lager für große Maschinenteile, findet er. | |
| "Bislang war nur die Rede davon, dass hin und wieder Lieferverkehr durch | |
| die Halle fährt", sagt dagegen Sebastian Ellinghaus, stellvertretender | |
| Leiter der Landeszentrale für politische Bildung. "Uns wäre am liebsten, | |
| wenn die gesamte mittlere Halle leer bliebe." Er fürchtet Mehrkosten im | |
| sechsstelligen Bereich, weil der Besucherbereich wegen des angrenzenden | |
| Lagers dickere, feuerfeste Wände erfordert. Mit dem Bau des | |
| Empfangsbereichs sollte diesen Sommer begonnen werden. Durch den Disput | |
| verzögert er sich. | |
| Trotzdem soll die Gedenkstätte bis 2015 fertig gestellt werden. Von | |
| Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) kommen dafür 1,9 Millionen Euro, | |
| Bremen gibt nochmal dieselbe Summe. Im Februar ziehen die vier | |
| MitarbeiterInnen des "Denkort Bunker Valentin" in neue Büros neben dem | |
| Bunker ein. Danach solle es deutlich mehr Führungen geben, sagte | |
| Ellinghaus. Bislang erfolgen fünfmal wöchentlich Gruppenführungen über das | |
| Gelände. | |
| Für Bremen komme nicht in Frage, einen Teil des Bunkers von der | |
| Bundesanstalt zu mieten, um die mittlere Halle frei lassen zu können, sagt | |
| indessen Senatssprecher Hermann Kleen: "Für die Gedenkstätte wurde ein sehr | |
| ehrgeiziges pädagogisches Konzept entwickelt. Wenn Bremen Geld ausgibt, | |
| dann nur hierfür." | |
| Denkmalpfleger Skalecki indes findet es "beschämend" um ein paar Euro zu | |
| streiten: "Es soll eine Gedenkstätte von nationaler Bedeutung sein. Da muss | |
| auch der Bund ein paar Tausend Euro Miet-Einnahmen weniger in Kauf nehmen." | |
| Auf eine Anfrage der taz, ob Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) das | |
| finanzieren würde, reagierte er bis Redaktionsschluss nicht. | |
| 9 Jan 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Jean-Philipp Baeck | |
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