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# taz.de -- Faustschläge vorm Hörsaal: Polizeieinsatz in der Kritik
> Bei einem Vortrag von Innenminister Uwe Schünemann (CDU) an der
> Universität Göttingen ging die Polizei mit harter Gewalt gegen linke
> Demonstranten vor.
Bild: Blockade oder Hörsaal-Erstürmung? Göttinger Demonstranten vor dem Poli…
GÖTTINGEN taz | Ein Vortrag von Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann
(CDU) in der Universität Göttingen führte am Dienstag zu gewalttätigen
Auseinandersetzungen zwischen linken Demonstranten und der Polizei. Linke
AktivistInnen blockierten den Zugang zu dem Hörsaal, in dem Schünemann und
Göttingens Polizeipräsident Robert Kruse sprachen. Die Polizei räumte den
Eingangsbereich, wobei die Demonstrierenden geschlagen, getreten, gewürgt
und mit dem Kopf gegen die Wand geschleudert wurden. Ein jugendlicher
Aktivist verlor nach einem Faustschlag ins Gesicht das Bewusstsein, ein
anderer erlitt eine Gehirnerschütterung. Zwei AktivistInnen mussten im
Krankenhaus behandelt werden. Nach Angaben der Polizei wurden sechs
Polizeibeamte verletzt.
In einer Pressemitteilung begründete die Polizei ihr Vorgehen damit, die
Demonstrierenden hätten versucht, sich "gewaltsam Zutritt zum
Veranstaltungsraum" zu schaffen. Die taz kann nicht bestätigen, dass es
einen solchen Versuch gegeben hat. Auch andere Augenzeugen haben einen
solchen Versuch nicht beobachten können.
Während die Demonstranten vor dem Hörsaal standen, hatte der Vortrag im
Inneren längst begonnen. Vor 270 Zuhörern referierte der Innenminister über
innere Sicherheit in Niedersachsen. Polizeipräsident Kruse ergänzte die
Ausführungen für den Bereich Göttingen. Einige AktivistInnen in
konservativem Schick saßen auch im Publikum und störten Schünemann durch
übertriebenen Jubel und lautes Klatschen. Drei Demonstranten mit
migrantischem Hintergrund wurden vom Sicherheitsdienst hinausgeworfen.
"Schiebt mich doch ab!" rief einer dabei.
Der Polizeieinsatz in der Universität steht nun in der Kritik. "Dass
friedlich demonstrierende Studierende in ihrer Universität
zusammengeschlagen werden, ist ein nicht haltbarer Zustand", sagte eine
Sprecherin der Grünen Hochschulgruppe (GHG). "Die Universitätsleitung und
die Universitätsverwaltung müssen sich fragen lassen, warum sie diese
massiven Polizeieinsätze gegen ihre Studierenden unwidersprochen zugelassen
haben", sagte Linken-Landtagsabgeordneter Patrick Humke. "Wir sind
schockiert, dass die Universitätsleitung derartige Einsätze gegen die
eigenen Studierenden offensichtlich billigt", findet auch Asta-Vorsitzender
Kay Bents.
Leitende Verwaltungsmitarbeiter hatten das Geschehen beobachtet. Die
Universität verweist in einer Stellungnahme darauf, dass die Polizei die
Verantwortung für den Einsatz trage. Sie sei "nicht erfreut darüber, dass
Veranstaltungen in ihren Räumen unter dem Schutz der Polizei stattfinden
müssen". Ausdrücklich wird bedauert, dass Menschen verletzt wurden.
Die Proteste gegen den Innenminister waren nach dem Vortrag noch nicht
vorbei. Vor dem Hörsaalgebäude wurde ein Polizeifahrzeug, in dem Schünemann
abtransportiert werden sollte, von einigen AktivistInnen bedrängt. Ein
Stein flog. In einer spontanen Sitzblockade versuchten drei Männer,
Schünemanns Abfahrt vom Campus zu blockieren.
Zu den Protesten, an denen insgesamt bis zu 500 Menschen teilnahmen, hatten
Göttinger Antifa-Gruppen aufgerufen. Sie kritisierten Schünemann für seine
Flüchtlingspolitik, das Verharmlosen neonazistischer Gewalt und sein
Vorgehen gegen die linke Szene.
11 Jan 2012
## AUTOREN
Benjamin Laufer
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