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# taz.de -- TU-Projekt in Tansania: Toiletten ohne Grenzen
> Studenten der TU haben mit "Ingenieure ohne Grenzen" eine
> Trenntrockentoilette entwickelt. Sie soll in Tansania Dünger herstellen.
Bild: Wo es nur wenige Toiletten oder solche in schlechtem Zustand gibt, sollen…
Ruhig grasen die Schafe im Landschaftspark Lichtenberg, das Holzhäuschen
neben dem Bauernhof würdigen sie mit keinem Blick. Zwei Stufen führen zu
einer Tür, öffnet man, fällt der Blick auf eine blaue Kloschüssel. Das
Besondere: Das Klo ist eine "Trenntrockentoilette": Die Toilettenschüssel
ist in zwei Fächer geteilt, "in einem Fach landet Urin, im anderen der
Kot", erklärt Ariane Krause von der Hilfsorganisation "Ingenieure ohne
Grenzen" und Promovierende an der Technischen Universität.
Die 29-Jährige leitet in Kooperation mit der TU ein Projekt für den Bau von
40 Trenntrockentoiletten und einer Biogasanlage in Tansania. Die Grundidee
ist die Erhitzung und Vertrocknung von Fäkalien, um dadurch Dünger für die
Landwirtschaft zu schaffen. Die Trenntrockentoilette wurde von Studenten
gebaut, mit Unterstützung von vier Mitarbeitern von "Ingenieuren ohne
Grenzen". "Das war unser erstes Projekt", sagt Natalie Rzehak, Studentin
des Technischen Umweltschutzes und Tutorin der Werkstatt. Die Toilette war
während des Sommers und Herbstes zur Benutzung verfügbar, "und es hat alles
gut funktioniert, selbst ich war überrascht", sagt die Projektleiterin.
Nach diesem Prototyp werden ab sofort Toiletten im Nordwesten Tansanias
gebaut, die für eine Mädchenschule bestimmt sind. "Es wird alles vor Ort
gebaut, da wir dafür eine einfache und reproduzierbare Technologie
verwendet haben", sagt Krause. "Das ist genau der Grundgedanke unserer
Werkstatt", fügt Rzehak hinzu, "wir wollen nachhaltige Technologie
herstellen, die man auch selbst nachbauen oder reparieren kann."
Allerdings, beklagen die Frauen, dass im Studium das Erlernen von
sogenannten Low-Tech nicht vorkommt. "Es ist auch sehr wichtig, dass solche
einfache Technologien in die Forschung implementiert werden, dass es nicht
nur eine hippiemäßige Idee bleibt. Low-Tech kann Teil der Gesellschaft
werden", sagt Rzehak. Auch eine Verwendung der Toilette hier in Deutschland
sei möglich, zum Beispiel in Kleingartenkolonien oder auf dem Land.
Das Häuschen und seine Bauweise ist weder unübersichtlich noch teuer.
"Hauptsächlich besteht die Toilette aus gebrauchtem Material, das wir für
30 Euro gekauft haben", sagt Krause - etwa Holzplatten, Schläuche oder alte
Wassercontainer aus Plastik, "die hat uns die Mensa gespendet". Im unteren
Teil des Häuschens befinden sich die Gefäße, die durch Schläuche mit der
Kloschüssel verbunden sind. Ein Kanister ist für Urin, ein Topf für Kot,
der durch Sonnenlicht erwärmt wird. "Mit den Temperaturen in Tansania wird
das viel besser als hier in Berlin funktionieren", sagt Krause. "Damit
trocknet das Ganze, stinkt nicht mehr, und Bakterien oder erste
Krankheitserreger sterben." Und das ist das Wichtigste, da damit die Felder
gedüngt werden. Um auch die hartnäckigsten Krankheitserreger zu beseitigen,
wird der Kot zusätzlich in einem selbst gebauten Lehmofen ausgeschüttet.
Der besteht aus einem Kasten, wo die Fäzes gelagert werden, wie Krause den
Kot in ihrer Fachsprache nennt. Darauf kommt Lehm. Erhitzt wird bis 70 Grad
durch eine kleine Biogasanlage, die auch von den Studenten gefertigt wurde
und in Tansania nachgebaut wird. Um das Biogas zu produzieren, werden
pflanzliche Abfälle verwendet. "Nach drei bis vier Stunden sind wir sicher,
dass auch Würmereier tot sind", sagt Krause. So entsteht Kompost für die
Landwirtschaft.
Was schiefgehen kann, hängt vor allem von den Menschen ab. Robert Gensch,
Mitarbeiter von der German Toilet Organization (GTO), sagt: "Aus unserer
Logik sollte alles gut funktionieren, allerdings ist essenziell, dass die
Menschen dort geschult werden." In Tansania sind nämlich Sitztoiletten
nicht verbreitet. Auch die technische Leistung müsste von den örtlichen
Leuten gemeistert werden. "Um die Toilette richtig zu benutzen, gibt es nur
wenige Regeln, die die Leute lernen müssen", sagt Rzehak. So sind die
Spielregeln: Man muss sitzen und nicht hocken, danach eine Mischung aus
Kohlestaub und Sägespäne als Spülung benutzen, sodass alles trocknet und
nicht stinkt.
In der Einsatzregion in der Nähe des Viktoriasees will die
Hilfsorganisation Ingenieure ohne Grenzen mit diesem Projekt mehrere Ziele
erreichen. "Mit dem Kompost kann die Bodenstruktur verbessert werden, weil
die Fruchtbarkeit durch die Nährstoffe steigt", erklärt Krause. Zudem wird
der Boden selbst schwerer "das ist ein Vorteil in tropischen Gegenden, wenn
es stark regnet." Das Projekt trägt auch zur besseren Sanitärversorgung
bei. Laut Ingenieure ohne Grenzen haben bis 10 Prozent der Bevölkerung in
der Region keine Toilette, 90 Prozent benutzen einfache Latrinen. Die
Fäkalien landen unkontrolliert in den Boden. "Zudem sind Düngemittel oft zu
teuer, mit der Hygienisierung der Fäkalien stellt man preiswerten Kompost
her, und der Boden bleibt verschont", sagt Gensch.
Auch in Tansania mangelt es an Düngemitteln, da wenige Nutztiere gezüchtet
werden. Mit dem gewonnenen Kompost kann theoretische jede Art von Pflanze
gedüngt werden, aber "was roh gegessen wird, eignet sich nicht so sehr.
Denn wenn etwas schiefgeht, bleiben die Krankheitserreger da", sagt Rzehak.
Besser sei daher zum Beispiel Mais. Oder Früchte, die über der Erde
wachsen, wie sich die Bauer der Region wünschen. "Das ist eigentlich auch
ein psychologischer Faktor. Wenn man mit Fäzes düngt, dann isst man lieber
etwas, das nicht damit direkt in Kontakt war", sagt Krause, die auch schon
einem Mitarbeiter der Partnerorganisation in Tansania den Prototyp gezeigt
hat. Und er war auf Anhieb überzeugt.
17 Jan 2012
## AUTOREN
Barbara Cunietti
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