# taz.de -- Freitod im Berliner Gefängnis: In der Zelle erstickt | |
> In der Haftanstalt Moabit nimmt sich ein Gefangener das Leben, indem er | |
> Feuer in seiner Zelle entfacht. So einen Suizid habe er noch nie erlebt, | |
> sagt der Leiter. | |
Bild: Ausweglose Lage? Die Haftanstalt in Moabit. | |
Der mutmaßliche Freitod eines Strafgefangenen in der Haftanstalt Moabit hat | |
die Justizverwaltung aufgeschreckt. Ersten Ermittlungen zufolge entfachte | |
der 47-jährige Strafgefangene Thomas R. am Montag in seinem Haftraum einen | |
Schwelbrand, nachdem er die Zellentür mit Zahnpasta luftdicht abgedichtet | |
hatte. Er ist wahrscheinlich erstickt. Eine solche Form des Suizids habe er | |
im Knast "noch nie erlebt", zeigte sich Anstaltsleiter Wolfgang Fixson | |
betroffen. Er leitet die Justizvollzugsanstalt (JVA) Moabit seit 19 Jahren. | |
Der Brand sei erst beim morgendlichen Zellenaufschluss um 6.27 Uhr entdeckt | |
worden, teilte Justizsprecher Arnd Bödeker mit. Sofortige | |
Wiederbelebungsversuche seien erfolglos geblieben. Auf das Abdichten seiner | |
Zellentür mit Zahnpasta müsse R. "große Sorgfalt" verwendet haben. Weder | |
Brandgeruch noch Rauch seien nach außen gedrungen. Für die Mitarbeiter der | |
JVA habe keine Chance bestanden, den Schwelbrand frühzeitig zu bemerken. | |
"Die Stahltüren sind mit einer Doppelzarge versehen und schließen sehr | |
dicht", bestätigte Anstaltsleiter Fixson. | |
Die endgültige Todesursache von R. soll nun durch eine Obduktion geklärt | |
werden. Wie ein Mediziner der taz sagte, spricht vieles für eine | |
Kohlenmonoxidvergiftung. Fixson erklärte, R. habe nicht unter Beoachtung | |
gestanden. "Es gab aktuell keine Hinweise auf eine Gefährdung." Unabhängig | |
von den kriminalpolizeilichen Ermittlungen würde der Freitod - wie alle | |
Suizide - nun knastintern genauestens untersucht. Alle Bediensteten, die | |
mit R. zu tun hatten, würden befragt. Es gehe auch darum, Erkenntnisse für | |
die Zukunft zu gewinnen, sagt der Anstaltsleiter. "Gerade Männer verstecken | |
sich oft hinter einer harten Außenschale." Manchmal stelle man hinterher | |
fest, dass es doch Anzeichen gegeben habe. | |
Die JVA Moabit hat 1.000 Haftplätze, 450 sind für Untersuchungsgefangene, | |
der Rest für Strafgefangene. 2009 habe man eine erschreckend hohe Zahl von | |
sechs Suiziden gehabt, seither sei aber ein starker Rückgang zu verzeichnen | |
gewesen, so Fixson. 2010 nahmen sich in der Anstalt zwei Insassen das | |
Leben, 2011 war es einer. Besonders kritisch sei der Moment der | |
Inhaftierung. Oder wenn sich das Gerichtsverfahren dem Ende nähere, der | |
Angeklagte mit einem milden Urteil rechne und eine lange Freiheitsstrafe | |
bekomme. Oder wenn sich die Lebenspartnerin plötzlich von ihm trennt. Aus | |
allen diesen Dingen könnten Kurzschlussreaktionen entstehen. Das Personal | |
sei sensibilisiert, könne aber unmöglich alles mitbekommen. "Wir bitten | |
deshalb auch immer die Angehörigen und Anwälte, uns mitzuteilen, wenn sie | |
bei einem Häftling eine Veränderung feststellen", sagte Fixson. | |
Bleibt die Frage, wie der Schwelbrand hätte verhindert werden können. Auch | |
das werde geprüft, sagt Justizsprecher Bödeker. In den Zellen darf geraucht | |
werden. Und wer das tut, ist nun mal im Besitz eines Feuerzeugs. Dass das | |
Ergebnis der Prüfung ein Rauchverbot in den Knästen sein könnte, ist kaum | |
vorstellbar. Ein Aufstand der Gefangenen wäre die Folge. | |
17 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
Plutonia Plarre | |
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