# taz.de -- Neue Studie: Knast kann jungen Gewalttätern helfen | |
> Junge Intensivtäter sitzen zu lange in U-Haft und werden unzureichend auf | |
> Freiheit vorbereitet | |
Bild: Trübe Aussichten | |
Eine Visitenkarte vom Jugendamt in der Tasche, die Öffnungszeiten des | |
Jobcenters im Kopf - in etwa darauf beschränkt sich die Vorbereitung junger | |
Berliner Intensivstraftäter auf die Zeit nach ihrer Haftentlassung. Berlin | |
hat bei der Unterstützung des Übergangs vom Knast in die Freiheit noch viel | |
zu tun, das ist eine Erkenntnis des dritten Teils der Studie "Intensivtäter | |
in Berlin", die die Landeskommission Berlin gegen Gewalt am Donnerstag | |
vorgestellt hat. | |
Dafür untersuchte der Kriminologe Claudius Ohder von der Hochschule für | |
Wirtschaft und Recht die Akten von 30 inhaftierten Berliner Jugendlichen, | |
die vor ihrem 18. Geburtstag wegen mehrerer schwerer Gewaltdelikte zu | |
Haftstrafen zwischen 8 und 66 Monaten verurteilt worden waren; mit elf | |
Jugendlichen führte Ohder Interviews. Diesmal standen die Auswirkungen der | |
Zeit in Haft im Fokus. In zwei vorangegangenen Studien hatte Ohder | |
Biografien und Schullaufbahnen der Intensivtäter untersucht. Die | |
Landeskommission will so herausfinden, wie sich die Intensivtäter von der | |
schiefen Laufbahn abbringen lassen. | |
Dass eine Haftstrafe dabei helfen kann, schließt Ohder aus seinen jetzt | |
vorgelegten Forschungsergebnissen: Demnach hatten Förder- und | |
Erziehungsmaßnahmen bei 17 Jugendlichen positive Effekte, nur sechs | |
sprachen darauf überhaupt nicht an, sieben sehr wechselhaft. Zu solchen | |
Maßnahmen zählen etwa Schul- und Ausbildungsangebote, Psychotherapie oder | |
Sportgruppen. Allerdings verbringen die Insassen durchschnittlich ein | |
Viertel ihrer Haftzeit in Untersuchungshaft - und dort sind nachhaltige | |
Maßnahmen sehr schwer anzuwenden, da die Jugendlichen noch nicht verurteilt | |
sind. | |
Wenn sie dann ihre Strafe abgesessen haben, fehlt vielen die Orientierung: | |
Vollzugsbehörde, Jugend- und Bewährungshilfe müssten intensiver und über | |
den Entlassungstermin hinaus zusammenarbeiten, so Ohder. Außerdem könnte | |
die Einbindung von Familien der Verurteilten und von Akteuren von außerhalb | |
des Knasts, etwa ehrenamtliche Bewährungshelfer und Vertreter aus Sport- | |
und Kulturvereinen, bei der Resozialisierung helfen. "Sie könnten schon | |
während der Haft Beispiele für die Lösung von alltäglichen Problemen | |
geben", sagte Kriminologe Ohder. | |
Rückläufig ist indessen die Zahl der Intensivtäter in Haft: Saßen 2008 noch | |
mehr als 600 ein, liegt die Zahl mittlerweile unter 400, erklärte Susanne | |
Gerlach von der Senatsverwaltung für Justiz. Sie hoffe, das liege auch an | |
der gestiegenen Aufmerksamkeit, die das Land dieser Tätergruppe seit Jahren | |
zukommen lasse. | |
19 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
Sebastian Puschner | |
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