# taz.de -- Die Berliner und ihr Internetverhalten: Immer online, aber bitte an… | |
> Berlin gilt als Internethauptstadt. Aber sind ihre Bewohner wirklich so | |
> netzaffin, wie der Titel dieses taz.de-Schwerpunktes suggeriert? Eine | |
> Umfrage in Berlin-Mitte. | |
Bild: Innovation und Verbundenheit: Ist das Berlin? | |
BERLIN taz | Berlin, am Alexanderplatz, mitten im Herzen der | |
Internethauptstadt Deutschlands: Es ist kühl und regnerisch, Touristen | |
rennen aufgeregt zu U-Bahn-Stationen oder sind gerade dabei, Einkäufe zu | |
machen. Andere fotografieren sich vor dem Fernsehturm oder schlendern | |
einfach nur durch die Großstadt. Hier soll einer der Plätze in Berlin sein, | |
wo das Internet zu Hause ist und die meisten Start-ups stattfinden. | |
Empfinden die Menschen in Berlin und die, die Berlin besuchen, das auch so? | |
Ist Berlin eine Internethauptstadt? Vier Französinnen, die ein paar Tage in | |
der Stadt sind, sagen, dass sie Berlin mögen, allerdings Schwierigkeiten | |
hätten, überhaupt ein Internetcafé zu finden. Auch große IT-Firmen hätten | |
sie noch nicht gesehen. Sie können diese Meinung, dass Berlin die | |
Internethauptstadt sei, überhaupt nicht teilen. | |
Friedrichstraße: Ein junges niederländisches Paar sagt, für sie würde der | |
Begriff "Internethauptstadt Berlin" für Innovation und Verbundenheit | |
stehen. Auch die Fashion Week, die bis zum Sonntag noch in Berlin | |
stattfindet, assoziieren einige Passanten auf der Friedrichstraße mit der | |
Internethauptstadt. Schließlich ist es über das Internet möglich, auf dem | |
neusten Stand zu sein, wenn es um die Fashion Week geht. | |
Andere Passanten sagen, dass sie ihre Zeitung am Frühstückstisch nur noch | |
auf ihrem Smartphone lesen, dort das tägliche Fernsehprogramm abrufen, für | |
Klausuren an der Universität recherchieren oder Theaterkarten reservieren. | |
Auch für andere Medien wie Musik und Film, Mode und Gesellschaftsthemen | |
greifen sie gerne zu ihren internettauglichen Handys. "Es ist bequem und | |
wird einfach genutzt, weil es eben da ist", sagt eine junge Berlinerin. | |
Auch sie bildet sich morgens online und liest täglich die Bild mit ihrem | |
HTC. | |
## Ohne geht gar nicht | |
Auch wenn es Ausnahmen gibt: das Internet ist für Berliner Bürger ganz | |
offenbar allgegenwärtig. Insbesondere für die jüngere Generation ist das | |
Internet nicht mehr wegzudenken, wie sich aus der Umfrage ergab. Es wäre | |
sogar eine Katastrophe, wenn das Internet von heute auf morgen | |
zusammenbräche und von der Bildfläche verschwinden würde. | |
Es sind aber auch immer wieder kritische Stimmen zu hören, so wie | |
beispielsweise die von einem englischen Studenten, der Berlin gerade | |
besucht: "Things like Twitter pisses me off. People even use it to post | |
when they go to toilet", was so viel heißt wie: "Twitter und so was kotzt | |
mich an. Menschen benutzen dieses Netzwerk sogar, um mitzuteilen, wenn sie | |
aufs Klo gehen." Er hat auch da die Augen offen, wo die meisten sie gerade | |
erst geschlossen haben: Gefahren im Netz und die Internetsucht. | |
Hackescher Markt: Für zwei junge Berliner Frauen spielt Anonymität im | |
Internet kaum eine Rolle, sie erzählen ganz offen, dass es normal sei, wenn | |
Menschen andere in sozialen Plattformen fänden, und sie selbst würden das | |
Internet 3 bis 4 Stunden am Tag nutzen. Aber auch sie ärgern sich über die | |
Schattenseite des Internets – zum Beispiel, wenn die Rechnung eines | |
Spielcenters per Post inklusive Mahnung ins Haus flattert, weil Daten | |
leichtsinnig weitergegeben wurden. Ein Berliner Student vertritt eine sehr | |
radikale Meinung: Print- und Analogmedien seien durch das Internet obsolet | |
geworden. | |
P.S.: Kein einziger Passant verriet für taz.de seinen Namen, obwohl die | |
Wahrscheinlichkeit um ein Vielfaches höher ist, dass gepostete Nachrichten | |
in Facebook zu lesen sind als auf taz.de. Transparenz – wirklich der neue | |
Trend? | |
22 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
Pelin Yaman | |
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