# taz.de -- Kolumne Habseligkeiten: Von Büdchen und Stübchen | |
> Teil 2: Die Unfähigkeit des Mega-Riesen-Monster-Reifenhändlers. | |
Reifen waren also mein Problem. Zur Erinnerung: Der Monteur beim | |
Mega-Riesen-Monster-Radladen in Berlin behauptete, es gäbe für mein | |
Hollandrad zurzeit keine hellen Reifen, ich solle mit den schwarzen | |
unplattbaren vorliebnehmen, die er nun schon eingebaut hätte. Doch das | |
wollte ich nicht, denn wenn es ums Rad geht, bin ich wie die | |
vielgescholtenen - mir aber sympathischen - Schwaben bei der Brezel: Ich | |
beharre auf meinem regional anerzogenen Geschmack. Kann der Berliner sagen, | |
was er will. | |
Der Monteur, oh ja, er sagte Sachen und dachte sich wohl noch viel mehr. | |
Ich aber googelte auf meinem Smartphone in aller Eile die Nummer des | |
kleinen Krefelder Ladens, in dem ich mein exzellentes "Noord | |
Holland"-Gestell vor Jahren gekauft hatte. Dass es hier keine hellen Reifen | |
geben sollte, konnte ich mir nicht vorstellen. | |
Eile und Fahrigkeit sind bekanntlich schlechte Begleiter und so googelte | |
ich versehentlich nicht das "Fischelner Fahrradstübchen", in dem ich das | |
Rad gekauft hatte, sondern das "Fischelner Fahrradbüdchen" ein paar Straßen | |
weiter. Ich sprach mit dem Händler, sprach mit dem Monteur in Berlin - und | |
entschied: Bei einem so seltenem Gut muss ich handeln und die Reifen auf | |
eigene Faust besorgen. | |
"Heben Sie sie für mich auf!", bat ich. Eine Vertrauensperson werde die | |
Ware abholen und nach Berlin schicken. Die Vertrauensperson murrte, sie | |
habe noch einige Silvestervorbereitungen zu treffen, war aber letztendlich | |
doch bereit, den kurzen Weg beim Stübchen vorbeizufahren. "Der war nicht | |
da," sagte sie später. "Kann nicht sein", erwiderte ich, "fahr noch mal | |
vorbei". Es taten sich große Verwerfungen zwischen der Person und mir auf. | |
Zudem traute ich mich nicht mehr, beim Mega-Riesen-Monsterhändler | |
anzurufen. Und er rief mich ebenso wenig an. | |
Immer wenn der Mann im Büdchen sagte, er sei da, stand die Vertrauensperson | |
wütend und erschöpft vor dem Stübchen, welches über Weihnachten und Neujahr | |
anscheinend geschlossen war. Nachher sagte der Mann vom Büdchen, die Person | |
sei nicht da gewesen. Konnte sie auch nicht, denn sie stand ja vorm | |
Stübchen. Nun glaubten inzwischen alle, ich hätte eine Meise und solle zur | |
Strafe zu Fuß gehen. | |
Nach Tagen klärte sich das Missverständnis auf. "Toll", dachte ich. Jetzt | |
halten mich gleich drei Fahrradhändler für gestört. Der Mann vom Büdchen | |
war nämlich inzwischen aus den Ferien zurückgekehrt und in diese Posse mit | |
einbezogen worden. Letztendlich holte die Vertrauensperson meine Reifen ab, | |
schickte sie nach Berlin, bekam sie als beschädigtes Paket wieder, schickte | |
sie wieder weg - und dann lagen sie in meinen Händen. Ich trug sie zum | |
Händler, wo sie flink und kommentarlos eingebaut wurden, fast einen Monat | |
nachdem ich das Rad abgegeben hatte. | |
Dass der Mega-Monster-Riesenhändler die hellen Reifen nicht selbst hätte | |
besorgen können, glaube ich bis heute nicht. Dass unplattbare auch einen | |
Vorteil haben können, inzwischen schon. Mein Hinterrad nämlich hat | |
erschreckend wenig Luft. Dafür sieht es aber ganz fantastisch aus. | |
25 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
Natalie Tenberg | |
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