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# taz.de -- Hoch hinaus: Von Uganda ins All
> Im Garten bastelt Chris Nsamba an einer Art Raumschiff und sieht sich mit
> Einfuhrbestimmungen konfrontiert. Bald will er trotzdem damit fliegen.
Bild: Astronom, Ingenieur, Pilot: Chris Nsamba vor dem Cockpit seines selbst ge…
Sarah Lugwama lehnt sich ans Geländer ihrer Veranda, sieht ihrem Sohn zu,
wie er den Flügel seines selbst gebauten Fluggeräts untersucht. Chris
Nsamba untersucht akribisch. "Die Leute aus der Gegend kamen immer vorbei
und sagten, er sei verrückt. Aber jetzt sind sie beeindruckt."
Die Frau in dem bunten Wickelrock winkt den Männern zu, die Nsamba gerade
dabei helfen, den Flügel des Raumgliders mit Schmirgelpapier glatt zu
polieren. Mit diesem weißen, eigenhändig gebastelten Fahrzeug will der
junge Ugander demnächst in den Weltraum starten, vom Garten seines
Elternhauses in Kampala aus.
Dass ihn die Leute für verrückt halten, daran hat sich der 27-jährige
Ingenieur längst gewöhnt. "Alle großen Wissenschaftler in der Geschichte
wurden zeitweilig für verrückt erklärt, aber ihre Taten haben die Welt
eines Besseren belehrt", sagt er und poliert weiter. In zwei Monaten will
der geschulte Pilot in einem zwölfstündigen Flug um den Erdball die
Atmosphäre verlassen. Ins Weltall hinein. Schwerelosigkeit fühlen. Ob er
das kann? "Yes, we can."
Mit einer Flügelspannweite von knapp zehn Metern passt das ugandische
Fluggerät gerade so in den Hinterhof, unter den gewaltigen Obstbaum.
"Skyhawk" nennt es Nsamba, "Himmelsfalke".
## Erste Flugversuche enden in der Bananenplantage
Bislang fehlt es dem Glider aus Glasfaser am Wesentlichen. Der Innenraum
ist noch leer: Dem Cockpit fehlen Apparaturen, das Heck wartet auf seinen
Antrieb, das Fahrgestell auf Räder. Aber Nsamba ist zuversichtlich, dass er
bald starten kann. Alle nötigen Teile habe er bereits bei Herstellern in
den USA bestellt. Sie seien in einem Container unterwegs nach Afrika.
Probleme machen eher die Einfuhrbestimmungen, erzählt Nsamba: "Solche
Sachen wurden noch nie nach Uganda importiert. Ich muss denen am Zoll erst
mal klarmachen, dass ich damit keine Atomrakete bauen will." Lässig lehnt
er sich gegen das Cockpit.
Zwischen Gehäuse und Kabinentür ist eine deutliche Spalte von mehreren
Millimetern zu sehen, breit genug, um Luft durchzulassen. Ob das für den
Piloten in großen Höhen nicht gefährlich wird? Nsamba runzelt die Stirn und
prüft die Fuge mit den Fingernägeln: "Mit der Präzision haben wir noch so
unsere Problemchen", sagt er.
## Der Testflug
Seit über zehn Jahren sitzt Chris Nsamba an Flugobjekten. In Texas
aufgewachsen, übte er sich als 13-Jähriger an einer ersten Rakete. Während
des Astronomie- und Flugingenieursstudiums in Dallas testete er 2003,
damals frischgebackener Pilot, sein eigenes Flugzeug. Und als er nach dem
Studium nach Uganda zurückkehrte, begann er sofort mit den Bauarbeiten an
seinem ersten Glider.
2010 der Testflug. "Bis zum Rand der Atmosphäre bin ich damit gekommen",
sagt er. Ein enormer Fortschritt: Vorherige Versuche - Nsamba wollte von
dem schiefen Wellblechdach des Hauses aus Schwung nehmen - endeten damit,
dass er mitsamt Glider in die Bananenplantage krachte. Spätestens seitdem
weiß Nsamba, dass er nicht allein ins Weltall reisen kann.
Also hat er die Afrikanische Weltall Recherche Agentur in Uganda gegründet.
Über 600 Mitglieder, die mit Beiträgen und Spenden das Projekt finanzieren,
hat sie schon. Knapp 90.000 Dollar hat Chris Nsamba so zusammenbekommen.
Das reicht bei Weitem noch nicht, muss er zugeben.
Fast täglich finden sich Dutzende Mitglieder in seinem Hinterhof ein. Einer
davon ist Nixon Lukenge, ein kleiner, hagerer Mann, der meist abends kommt,
um mitzuarbeiten: "Ich will meinen Nachfahren etwas hinterlassen. Und
dieses Fluggerät ist der Anfangspunkt dieses Erbes", sagt er. Lukenge ist
eigentlich gelernter Drucker. Aber er habe sich immer schon gewünscht, mal
ins All zu fliegen. "Ich lerne aus Büchern alles, was ich brauche, um
Astronaut zu werden", nickt er, eine Astronautenschule gebe es in Afrika
schließlich noch nicht. Nsamba hat sich deshalb entschieden, seine Piloten
selbst zu trainieren.
## Die Regierung unterstützt den Bastler, sie ist "stolz"
Neben den Enthusiasten unterstützt mittlerweile auch Ugandas Regierung
Nsambas Idee. Vergangenes Jahr erhielt er einen direkten Anruf von
Präsident Yoweri Museveni. "Ich glaube, der Geheimdienst hat ihm von meinem
Flugobjekt berichtet." Nsamba lacht.
Museveni hat ihm weitere 90.000 Dollar eines Innovationsfonds zugesagt.
"Der Beitrag und die moralische Unterstützung sollen zeigen, dass wir auf
dieses ehrgeizige Projekt sehr stolz sind", sagt Richard Tushemereirwe,
Musevenis Wissenschafts- und Technologieberater.
Hat das arme Land nicht andere Prioritäten, als ein Weltraumprogramm zu
finanzieren? Tushemereirwe lächelt. "Wissenschaftler werden immer ihr Ding
machen, unbeeinflusst vom Zustand der Wirtschaft und allem anderen Tumult
um sie herum", antwortet er dann.
27 Jan 2012
## AUTOREN
Simone Schlindwein
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