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# taz.de -- ARD-Film: Im blitzeblanken Wohntraum
> Eine makellose Managerin wird von ihrer Vergangenheit eingeholt. "Die
> Schatten, die dich holen" ist spannend – und überraschend subtil.
Bild: Die Schatten der Vergangenheit – bedrohlich nah in Gestalt von Ex-Zuhä…
Bei diesem Film wäre es eigentlich besser, gar nicht zu wissen, worum es
geht. Aber ohne Inhalt ist das schwer mit der Rezension. Denn auf irgendwas
muss sich die Kritik ja stützen – das große Lob der Schauspieler, der
Regie. Deshalb also die Bitte: Plotzusammenfassung lesen, gnädig sein, das
Krudeste wieder vergessen – und dem Mittwochsfilm im Ersten eine Chance
geben.
Kurz also dies: "Die Schatten, die dich holen", der Titel deutet es an,
erzählt von Vera, die gerade zur ersten österreichischen Fondsmanagerin des
Jahres gekürt wurde. Über den Dächern Wiens lebt sie im blitzeblanken
Wohntraum mit Mann und blondgelocktem Töchterchen, es ist ein Glück. Es
wird noch geküsst, der Seidenpyjama fällt faltenlos. Mit dem Mann hat sie
die Investmentfirma aufgebaut, die nur faire Fonds anbietet.
Es sind schöne Menschen in schönen Kulissen. Doch dann kommt das Böse. Es
kommt aus Veras Vergangenheit, als sie noch Lola war und Prostituierte für
die gehobene Gesellschaft in Hamburg. Sie arbeitete damals für Alex, der
sich nun Kurt nennt und sich rächen will. Er und sein Handlanger brachten
vor zwölf Jahren Lolas/Veras Freund um, sie musste zusehen und sagte vor
Gericht gegen die beiden aus.
Kurt ist nun aus dem Gefängnis raus und will sich rächen. Sie will, dass
keiner etwas von früher erfährt, gibt ihm erst Geld, dann zu viel Macht
über sich und dann … – nun, es ist ein Thriller, es wird also spannend.
Zwar gibt es auch viel Genretypisches. Und auch die Geschichte,
Exprostituierte will ihre Vergangenheit hinter sich lassen, ist wahrlich
nicht neu. Aber in "Die Schatten, die dich holen" ist sie richtig gut
gespielt.
Aglaia Szyszkowitz spielt Vera, die wie mit Schlittschuhen über die
Eisdecke läuft, die sie über das gebreitet hat, was sie mal war – was da
mal war. Sie ist strahlend, sie ist perfekt.
## Der Zuschauer fröstelt
Aglaia Szyszkowitz lässt diese Eisdecke langsam aufbrechen, Kälte kommt
darunter hervor, Verzweiflung und eine Entschlossenheit, bis aufs Blut
alles zu verteidigen. Der Zuschauer fröstelt und fühlt zugleich mit.
Neben ihr gleitet Bernhard Schir als ihr Mann Hannes, der so überzeugt ist
von seinem perfekten Leben, dass er die Risse nicht sieht. Er freundet sich
erst sogar an mit Kurt, ist dann schrecklich eifersüchtig – später rasend.
Aus dem Gemütsmenschen bricht die Wut heraus: So viel Wucht traut man
Bernhard Schir gar nicht zu. So, denkt man dabei, würde man selbst
reagieren.
Die größte Schau aber liefert André M. Hennicke als Kurt. Wie ein Gespenst
auf einer Theaterbühne wirkt er, das man in einen altmodischen Anzug
gesteckt hat. Sein Fordern ist ein heiseres Flüstern. Er will Rache, aber
auch dieses "beschauliche Leben, porentief rein", wie er sagt.
Schmeichelei, Verachtung, Gewalt, Zärtlichkeit. Sein Verhalten wechselt in
Sekunden.
Was vom Inhalt her plump wirkt, ist also sehr subtil gespielt. Was sagt es
einem, wenn selbst der brutalste Verbrecher Teil einer heilen Welt sein
will? Wenn die Nachbarin (auch beklemmend gut: Mavie Hörbiger), der Vera
alles – selbst ihre Tochter – anvertraut, nicht ganz koscher ist? Wie
fragil ist alles? Wie geht man selbst um mit den Schatten? Wofür lohnt es
sich zu kämpfen? Und wie danach weiterleben? Man kann sich natürlich auch
einfach einen Thriller ansehen.
"Die Schatten, die dich holen", Mittwoch, 1. Februar, 20.15 Uhr, ARD
31 Jan 2012
## AUTOREN
Daniela Zinser
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