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# taz.de -- Kolumne Alles Bio?: Das Gentechnik-Monster macht "buh"
> Ernährungs-Klugscheisser sollen endlich aufhören, sich mit ihrer
> Natur-Romantik in das Leben anderer einzumischen.
Bevor ich Bayern verlasse, nehme ich stets ein Weißwurstfrühstück zu mir.
Egal, ob die Reise danach nach Wien oder zurück nach Berlin geht. Weißwurst
muss sein, und die darauf folgende Zugfahrt ist mit zwei Weizen im Blut
auch wesentlich entspannter.
Zurück in Berlin sieht das dann alles ganz anders aus. Dort, im Land der
Alternativen, esse ich gern vegane Weißwurst mit Sauerkraut. Ja, richtig
gelesen: ich esse vegane Weißwurst. All diejenigen, die mir erzählen
wollen, dass ich mal weniger Fleisch essen soll, können jetzt ruhig sein.
Isch esse nämlich gar nischt so viel Fleisch. Isch tu nur so.
Weil mir expansives Engagement für den richtigen Bauch nämlich auf die Eier
geht, aber so was von. Viele von diesen Ernährungs-Empathiefreunden sind
arrogante, selbstgerechte Besserwisser, die anderen in ihr Leben reinreden
wollen. Esoteriker. Natur-Romantiker ohne politischen Anspruch. Das ist
kritikwürdig.
Um aber auch etwas für das Klima und gute Produkte zu tun - yay,
Konsumgesellschaft - hier ein paar Best-Practice-Beispiele für gutes
Kochen.
Sojasahne. Das beste vegane Produkt ever. Eine wirkliche Erweiterung des
Speiseplans. Kein blöder Ersatz wie "vegane Schnitzel" oder "veganes
Entenfleisch", sondern ein Produkt mit einem eigenen Geschmack, leicht,
pflanzlich. Und milchfrei.
Ich hasse Milch, seitdem ich in meiner Jugend häufig flockige Milch im
Müsli essen musste. "Ist ja noch gut", sagte mein Vater dann. Ja, wir
hatten damals ja nichts.
Joghurt esse ich noch. Der ist häufig im Aufstrich drin. Aufstriche, die
besten sind da aber auch ohne Milch. Die auf Sonnenblumen-Basis sind ein
wirklich neues Geschmackserlebnis. Kann man selbst hacken, kann man aber
auch kaufen.
Gemüse, Bohnen, Linsen. Kein Ersatz, sondern wächst alles in der Natur und
kostet wenig Geld. Kann man sich gut von ernähren, ohne sich zu langweilen.
Zum Beispiel Spitzkohl-Belugalinsenpfanne mit getrockneten Tomaten und
Sojasahne. Dazu Kartoffeln.
Früher, ja, früher, als ich noch Sport machte, kaufte ich mir häufiger mal
Fleisch. Heute mache ich nicht mal Yoga. Ich würde im Grunde schon ganz
gern häufiger mal Fleisch essen, gutes Fleisch ist mir aber zu teuer.
Am liebsten hätte ich es, wenn das Fleisch in einem Mini-Reaktor auf meiner
Fensterbank wachsen würde. Klonfleisch für alle, und zwar für fast umsonst!
Aber da sei ja die Zurück-zur-Natur-Religion vor, das werden wir eh nie
bekommen. Allerhöchstens von der Ernährungsindustrie heimlich auf den
Teller gebracht. Dann macht das Gentechnik-Monster "buh" und es gibt
Verbraucherproteste. Weil Gentechnik ist ja so was von böse und wird uns
alle töten.
Konzernkritik ist richtig, Kritik an grüner Gentechnik auch, wahrscheinlich
freue ich mich sogar, dass BASF seine Gentechnik-Sparte aus Europa
zurückgezogen hat. Und die Bauern sollen auch genug Geld für ihre Arbeit
erhalten. Aber der Ernährungsdiskurs kann ruhig mal etwas futuristischer
werden. Verwirrtes Gerede von Boden und Heimat haben wir uns nun wirklich
lange genug anhören müssen.
30 Jan 2012
## AUTOREN
Julia Seeliger
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