# taz.de -- Krawalle in Ägypten: Über 70 Menschen im Stadion getötet | |
> Nach Stadion-Krawallen mit mehr als 70 Toten sollen Soldaten weitere | |
> Zusammenstöße im nordägyptischen Port Said verhindern. Das Militär | |
> kündigte eine Untersuchung an. | |
Bild: Spieler der Mannschaft Al-Ahli flüchten vor Fußballfans, die den Platz … | |
PORT SAID/KAIRO dpa/dapd | Bei Ausschreitungen in einem ägyptischen | |
Fußball-Stadion sind am Mittwochabend mindestens 74 Menschen getötet und | |
fast 250 weitere verletzt worden. Fans hatten nach dem Abpfiff eines | |
Erstligaspiels in der am Mittelmeer gelegenen Stadt Port Said den Platz | |
gestürmt. Einige warfen mit Steinen, Feuerwerkskörpern und Flaschen. | |
Spieler und Anhänger des Gästeklubs aus Kairo flüchteten in Panik. | |
Jetzt sollen Soldaten in der nordägyptischen Stadt Port Said weitere | |
Unruhen verhindern. Das berichtete das ägyptische Staatsfernsehen. Der Chef | |
des Militärrats, Mohammed Hussein Tantawi, kündigte eine Untersuchung der | |
Vorfälle an. Nach Worten eines Sprechers des Gesundheitsministeriums wurden | |
mindestens 1000 Menschen verletzt. Etwa 150 waren in der Nacht zum | |
Donnerstag in kritischem Zustand. | |
Die Schuldigen für die blutigen Zusammenstöße zwischen den Anhängern der | |
Fußballmannschaften Al-Alhi und Al-Masri sollen bestraft werden, sagte | |
Tantawi weiter. Nach Worten von Innenminister Mohammed Ibrahim wurden | |
bereits 47 Verdächtige festgenommen. Das ägyptische Parlament will laut | |
offiziellen Angaben am Donnerstag zu einer Krisensitzung zusammenkommen. | |
Die Ausschreitungen begannen unmittelbar, nachdem das Spiel zwischen den | |
Teams Al-Masri und Al-Ahli beim Stande von 3:1 abgepfiffen worden war. | |
Zuschauer stürmten auf den Platz und machten Jagd auf Spieler des Kairoer | |
Klubs Al-Ahli. Viele Menschen wurden totgetrampelt oder erdrückt. | |
## Auch Sicherheitskräfte starben | |
Das Spiel in Port Said war bereits vor Beginn von regionalen Zeitungen als | |
"Treffen der Vergeltung" bezeichnet worden. Al-Ahli zählt zu den | |
bekanntesten und wichtigsten Fußballvereinen in Ägypten und war lange Zeit | |
ungeschlagen. | |
FIFA-Präsident Sepp Blatter zeigte sich entsetzt. Es sei "ein schwarzer Tag | |
für den Fußball". Blatter erklärte: "Ich bin entsetzt und schockiert. Meine | |
Gedanken sind bei den Angehörigen der Todesopfer. Ihnen gilt mein tiefes | |
Mitgefühl. Zu den Gründen der Katastrophe kann ich mich nicht äußern, eines | |
aber steht fest: Es ist ein schwarzer Tag für den Fußball." | |
Der Sender Al Arabija sprach am späten Abend von 77 Toten. Einige starben, | |
nachdem sie zur Behandlung in die Kabine der Gäste-Mannschaft gebracht | |
worden waren, wie dessen portugiesischer Trainer im Radio sagte. Andere | |
Medien gaben die Zahl der Todesopfer mit 74 an. | |
Unter den Toten sollen auch Sicherheitskräfte sein. Der Leiter eines | |
Krankenhauses in Port Said, Hassan al-Isnawi, sagte der Zeitung Al-Ahram | |
(online), viele seien erdrückt worden. Der Mannschaftsarzt von Al-Ahli | |
wurde von der Zeitung Al-Masry Al-Youm mit den Worten zitiert: "Das ist | |
Krieg und kein Fußball." | |
Spieler von Al-Ahli sagten lokalen Medien, die Sicherheitskräfte hätten | |
nichts unternommen, um sie zu schützen. Der Militärrat kündigte an, zwei | |
Militärflugzeuge nach Port Said zu schicken, um die Spieler von Al-Ahli | |
abzuholen, wie das Staatsfernsehen berichtete. Der ägyptische | |
Fußballverband EFA setzte vorerst alle Spiele aus. | |
## Vorwürfe gegen die Polizei | |
Der portugiesische Al-Ahli-Trainer Manuel José sagte, er habe Dutzende von | |
Toten gesehen. Zahlreiche schwer verletzte Fans seien von Ärzten seines | |
Vereins behandelt worden, viele seien dabei in der Umkleidekabine | |
gestorben. "Die Schuld hat einzig und allein die Polizei. Es waren Dutzende | |
im Stadion, aber die sind plötzlich alle verschwunden oder haben gar nichts | |
unternommen", sagte der 65-Jährige empört kurz nach den Zwischenfällen im | |
Telefon-Interview mit dem portugiesischen TV-Sender SIC. | |
Al-Ahlis Co-Trainer Oscar Elizondo sprach von politisch gefärbter Gewalt. | |
"Es gibt viel Hass", sagte er. Das Verhalten der Polizei bezeichnete er als | |
Schande: "Es gab 3.000 Polizisten und wohl niemand wurde verhaftet". | |
Spieler und Trainer seien in "Militärfahrzeugen, die wie Kriegspanzer | |
aussahen", aus dem Stadion gebracht worden. | |
In einem Stadion in Kairo brach unterdessen ein Feuer aus, nachdem das | |
dortige Fußballspiel als Reaktion auf die Ereignisse in Port Said | |
abgebrochen worden war. | |
2 Feb 2012 | |
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