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# taz.de -- Kolumne Pressschlag: Jäger und Gejagte
> Der FC Bayern lässt sich auf das Spiel von Dortmund-Coach Jürgen Klopp
> ein. Das könnte den Titel kosten.
Seit vielen Monden geht regelmäßig irgendjemand zu Jürgen Klopp und fragt
ihn, wie er es denn nun mit der Meisterschaft halte. Dann antwortet Klopp,
dass er sich damit nicht beschäftige. Nach drei Rückrundenspieltagen ist
der BVB jetzt wieder Tabellenführer und hat durch drei Siege (5:1 in
Hamburg, 3.1 gegen Hoffenheim, 2:0 in Nürnberg) fünf Punkte und acht Tore
auf den FC Bayern gutgemacht. Damit ist das Thema Meisterschaft aber nun
wirklich akut? Fragte man Klopp in Nürnberg. "Um den Druck nicht zu groß
werden zu lassen, denken wir nicht drüber nach", antwortete Klopp.
Manche denken, das so gnadenlos durchzuziehen sei albern. Aber man muss
sich einfach den Dortmunder Stil ansehen, um das Prinzip zu verstehen.
Klopps seit 2008 entwickelter BVB-Stil basiert auf Kontrolle durch
gegnerischen Ballbesitz. Also Jagen. Die Bayern dagegen spielen seit
Beckenbauers Zeiten Ballbesitzfußball. Auch Jupp Heynckes Bayern-Version
basiert auf verantwortungsvollem eigenem Ballbesitz. Also Ball verteidigen.
Analog zum Ball verteidigen die Bayern seit vielen Jahren die Meisterschaft
- auch wenn sie sie gar nicht haben.
Das nennt man in München selbstzufrieden "Mia san mia" und in Dortmund
etwas spöttisch, wie Vorstandschef Watzke, die "gefühlte Meisterschaft".
Nun muss man zugeben, dass die Bayern seit 1996 nach einem Jahr ohne Titel
stets wieder Meister wurden - weil der Zwischenmeister von glücklichen
Umständen profitierte, die er nicht in Nachhaltigkeit transformieren
konnte. Doch nun mehren sich die Anzeichen, dass Borussia Dortmunds Titel
mehr bedeutet als jener des VfL Wolfsburg (2009) oder des VfB Stuttgart
(2007).
Da ist die Verpflichtung von Marco Reus, die Vertragsverlängerung von Klopp
bis 2016, die drei Siege gegen Bayern in Serie. Die Zeichen stehen alle an
der Wand. Und in München sieht man sie ja auch. Aber nicht so sehr, um die
lieb gewonnene Tradition der Innovationsresistenz aufzugeben und den
Glauben, dass sich Starpower letztlich doch durchsetzen werde.
Gerade noch hat Präsident Uli Hoeneß geschwärmt, Heynckes Bayern hätten
"Fußball zur Kunst erhoben". Doch das 1:1 beim HSV war schon das sechste
Spiel, in dem man einen Rückstand nicht mehr in einen Sieg drehen konnte.
Zwei Woche zuvor war man beim 1:3 gegen Lucien Favres modernes
Konter-Gladbach sogar chancenlos. Heißt: Diese Art, Fußball durchzusetzen,
wird außerhalb Barcelonas immer schwieriger. Das alles heißt nicht, dass
die Bayern nicht doch Meister werden könnten. Es heißt aber, dass sie sich
keinen Vorteil mehr verschaffen, indem sie einen Titel verteidigen, den sie
nicht besitzen. Im Gegenteil, es ist ein schwerer Fehler.
Klopps Spiel ist das Jagen. Irgendwann stößt er zu - und dann ist es für
den Gejagten zu spät. Man muss Klopp zum Gejagten machen, um nicht sein
Spiel zu spielen. Doch dafür sind sich die Bayern zu fein.
5 Feb 2012
## AUTOREN
Peter Unfried
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