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# taz.de -- Fußball in der Volkswagen-Stadt: Eine Bilanz: Der VFL Wolfsburg - …
> Nach dem 0:0 gegen Mönchengladbach: Was wird aus dem Volkswagen-Klub?
> Welchen Fußball Trainer Felix Magath eigentlich spielen will, kann
> jedenfalls kaum noch irgendwer sagen.
Bild: Rekord eingestellt: Ibrahim Sissoko (vorn) ist Wolfsburgs 36. Neuzugang i…
Wolfsburg taz | Sogar im weitgehend humorfreien "Aktuellen Sportstudio" des
ZDF wurde unlängst gemeldet, dass der VfL Wolfsburg "heute keinen Spieler
verpflichtet" habe. Da war klar, dass der VW-Klub auf seine Art zur Nummer
eins der Fußballbranche geworden war: als Witzelieferant. Über keinen
anderen Klub wurde in den letzten Wochen so viel gelästert, gehöhnt, auch
gelacht, wie über den VfL.
Nun ist die wichtige Funktion von derlei Witzen für die individuelle und
kollektive Psychohygiene seit Freud bekannt. Dennoch stellt sich die Frage,
ob die Entwicklung im Sinne der Volkswagen-Manager sein kann. Die halten
sich die VfL Fußball GmbH neben der Standortpflege ja zu Marketing- und
Imagezwecken.
Acht neue Profis hatte Geschäftsführer, Manager und Trainer Felix Magath in
der Winterpause verpflichtet - für offenbar etwa 30 Millionen Euro allein
an Ablösesummen. Beim 0:0 gegen den Tabellenvierten Borussia
Mönchengladbach am Samstag nun setzte Magath mit Sissoko den 36. Spieler im
Saisonverlauf ein; womit er den legendären Rekord eines gewissen Felix
Magath - 35 Spieler in einer Saison, mit Eintracht Frankfurt - bereits am
20. Spieltag übertraf.
Ironischerweise hat ja Lucien Favre in Mönchengladbach aus einem
abgeschlagenen Tabellenletzten einen zumindest temporären Spitzenklub
geformt: mit einer neuen Art, Fußball zu spielen, aber mit identischem
Kader. Magath hat den VfL vor dem Abstieg bewahrt und dann erklärt, dass
die von Volkswagen geforderte Rückkehr an die Spitze nur mit neuen Spielern
möglich sei.
Im Sommer hatte er daher 14 Neue für über 20 Millionen geholt, darunter
Russ und Ochs vom Absteiger Frankfurt. Im Winter hieß es dann, dass man mit
Absteiger-Spielern wie Russ oder Ochs natürlich nichts reißen könne und
neue brauche. Gegen Gladbach spielten sowohl Russ als auch Ochs wieder -
ohne etwas zu reißen.
Das ist etwas zugespitzt formuliert, aber bringt auf den Punkt, dass
mittlerweile manche die Strategie des VfL als widersprüchlich empfinden.
Und was für einen Fußball Magath eigentlich spielen will, ist auch
regelmäßigen Stadionbesuchern nicht wirklich klar.
Nun ist Felix Magath, 54, neben Ottmar Hitzfeld der erfolgreichste deutsche
Trainer im ersten Jahrzehnt des Jahrtausends gewesen und hat gute
Erfahrungen mit seinem Trial-and-Error-Prinzip gemacht. Und die VW-Manager
haben gute Erfahrungen mit Magath gemacht, der ihnen im Jahr 2009 aus dem
Nichts heraus die erste deutsche Meisterschaft besorgte. Damals baute er
binnen eines halben Jahres ein funktionierendes Team auf, ließ es einen
furiosen Konterfußball spielen und entwickelte aus dem Talent Edin Dzeko
den besten Spieler, der je in Wolfsburg spielte.
Davon ist man derzeit weit entfernt, auch wenn das Klubumfeld die
Rückrundenbilanz der umgekrempelten Mannschaft - ein Sieg, ein Remis, eine
Niederlage - selbstverständlich als halb volles Glas interpretiert.
Im Grunde haben die VW-Leute das Konzept des schnellen Erfolgs abgehakt.
Letztlich war es auch kein Konzept, sondern schlicht eine Zielvorgabe. Nun
heißt es: Drücken wir auf Reset. "Dies ist der Beginn des Neuaufbaus dieser
Mannschaft", hat der VW-Vorstandsvorsitzende Martin Winterkorn Anfang
Januar verkündet.
Für jene Fußballanhänger weltweit, die Vorbehalte gegen Wolfsburg hegen,
ist die Situation wunderbar. Aus ihrer Sicht kommt da einer, schmeißt mit
Geld um sich und will ihnen das wegnehmen, was rechtmäßig ihnen zusteht.
Nichts Schöneres, als wenn das zumindest temporär danebengeht. Es tut so
gut. Wie üblich wird auch hier Neid der Abgehängten - Fans ehemals
erfolgreicher sogenannter Traditionsklubs - in Moral umdefiniert. Und das
Ventil sind: Boshaftigkeiten und Scherze.
Die Frage ist nun nicht nur, ob Magath sein Team findet, sondern auch, ob
man auf dem Spielfeld oder in den Köpfen der deutschen Fußballgemeinde eine
neue Geschichte erzählen kann, die die aktuelle ablöst, nach der der VfL
und damit auch Wolfsburg und VW ein Witz ist.
5 Feb 2012
## AUTOREN
Peter Unfried
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