# taz.de -- E-Mobilität: "Die Berliner sind flexibel" | |
> Florian Hacker vom Öko-Institut sieht in Berlin viel Potenzial für | |
> Elektromobilität - wenn endlich mehr Menschen damit vertraut werden. | |
Bild: So weit reicht der Strom noch. | |
taz: Herr Hacker, die Bundesregierung plant ein neues Förderprogramm für | |
Elektromobilität. Am Vorgängerprogramm war Ihr Institut mit mehreren | |
Forschungsvorhaben beteiligt. Viele Experten sagen, die Gelder seien | |
wirkungslos verpufft. | |
Florian Hacker: Das Förderprogramm, das die letzten zwei Jahre lief, war | |
breit angelegt, auch in der Modellregion in Berlin und Potsdam. Sicher | |
konnten nicht alle Projekte die Erwartungen erfüllen. Aber so ist das, wenn | |
man ein neues technisches Feld betritt: Elektromobilität ist für alle | |
Akteure ein Lernprozess. Und wie bei jeder Innovation gehört auch dazu, aus | |
Problemen in der Praxis zu lernen. | |
Das neue Programm "Schaufenster Elektromobilität" zielt stärker auf | |
Außenwirkung. | |
Ja, diesmal soll die Förderung räumlich konzentriert sein, und die Projekte | |
sollen im Rahmen eines "Schaufensters" regional besser vernetzt sein. Es | |
geht unter anderem darum, Menschen in Kontakt mit Elektrofahrzeugen zu | |
bringen. Denn in Medien und Politik gibt es zwar eine breite Debatte über | |
Elektroautos, aber nur die wenigsten sind schon mal in einem gesessen. | |
Gleichzeitig bietet das Schaufenster eine Gelegenheit, Elektromobilität in | |
Verbindung mit anderen Verkehrsmitteln zu erproben. | |
Spiegeln die Berliner Projekte das wider? | |
Zum großen Teil, ja. Die Projekte decken ein breites Spektrum von | |
Elektromobilität ab. Zum Beispiel sind auch der Lieferverkehr und | |
gewerbliche Fuhrparks einbezogen. Ein weiterer großer Vorteil von Berlin | |
ist, dass es hier mit Bus, Tram, S-, U- und Regionalbahn zahlreiche | |
Optionen bei der Verkehrsmittelwahl gibt. Der Pkw-Besitz ist im Verhältnis | |
zu anderen deutschen Städten gering, die Berliner sind flexibel bei der | |
Wahl des Fortbewegungsmittels. Auch zeigt unsere Forschung, dass im urbanen | |
Milieu die Akzeptanz für Elektroautos und andere alternative | |
Mobilitätskonzepte besonders hoch ist. | |
Elektromobilität ist eher etwas für die Großstadt? | |
In der jetzigen Form, ja. Das Potenzial von reinen Elektroautos liegt dort: | |
bei der kombinierten Nutzung mit öffentlichen Verkehrsmitteln, fürs | |
Car-Sharing, auf kurzen Strecken. Auf dem Land ist die Nutzung solcher Pkw | |
auf jeden Fall erschwert: Akkus für lange Überlandfahrten sind in der | |
jetzigen Form zu schwer und zu teuer, in dünn besiedelten Räumen ist der | |
Aufbau eines dichten Ladenetzes schwieriger. Für ländliche Räume fehlen | |
wirkliche Alternativen zum herkömmlichen Individualverkehr. Dort könnten | |
Plug-In-Hybridfahrzeuge, die auch einen konventionellen Motor besitzen, | |
künftig eine wichtigere Rolle spielen. | |
Was könnte die Umsetzung in Berlin erschweren? | |
Die geringe Wirtschaftskraft könnte ein Problem darstellen, besonders im | |
privaten Bereich. Elektromobilität ist insbesondere in der Anfangsphase | |
eine teure Angelegenheit. Andererseits kann dieser Umstand auch | |
Ausgangspunkt für neue Besitz- und Nutzungskonzepte sein. Dann besitzt man | |
das Auto eben nicht mehr selbst, sondern nutzt es gemeinsam mit anderen. | |
In den letzten Tagen ist sehr kontrovers diskutiert worden, wie | |
umweltfreundlich Elektroautos tatsächlich sind. | |
Bei Elektromobilität stellen sich neue Fragen: Es geht nicht nur um das | |
Ersetzen einer Antriebstechnologie durch eine andere. Beim Elektroauto muss | |
stärker als beim konventionellen Pkw das Umfeld mitgedacht werden: Wie wird | |
der Strom erzeugt, mit dem es fährt? Wie ist es in das Angebot an anderen | |
Verkehrsmitteln eingebunden? | |
Wie klimaschädlich oder nicht, hängt vom Strommarkt ab? | |
Genau. Wirklich klimafreundlich sind Elektroautos, wenn sie mit | |
zusätzlichen erneuerbaren Energien betrieben werden. Das Schaufenster | |
bietet die Möglichkeit, das Zusammenspiel von Elektromobilität und einer | |
zunehmenden regenerativen Stromerzeugung zu erproben. Berlin und | |
Brandenburg sind exemplarisch dafür: Brandenburg produziert mehr Strom, als | |
es nutzen kann. Aber gerade regenerative Energien wie Windkraft haben | |
starke Schwankungen. Ihre Spitzen, die Zeiten höchster Produktivität, | |
liegen teilweise in Zeiten geringer Stromnachfrage und können dann nicht | |
genutzt werden. Elektroautos können eine zunehmende Bedeutung für die | |
Zwischenspeicherung haben. Aber es ist klar: Um die langfristigen | |
Klimaschutzziele zu erreichen, reicht ein Umstieg auf Elektroautos alleine | |
nicht aus. | |
Interview: | |
6 Feb 2012 | |
## AUTOREN | |
Juliane Schumacher | |
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Berlin-Brandenburg. |