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# taz.de -- MINUSGRADE in Berlin: Knackig kalt!
> Seit Tagen herrscht extreme Kälte. Was tun gegen den Würgegriff des
> Winters? Wir haben Experten gefragt.
Bild: Manchen geht die Kälte einfach am Arsch vorbei.
## Friert die Stadt bald gänzlich ein?
So schlimm wird's nicht werden. Aber in einigen Kiezen könnte das Licht
ausgehen - theoretisch. Mike Kaus vom Wasser- und Schifffahrtsamt (WSA)
klärt auf: Zwei Eisbrecher, die "Usedom" und die "Oderberg", müssen rund um
die Uhr die Verbindung zum Kraftwerk Klingenberg an der Rummelsburger Bucht
freihalten. Denn das hat als einziges in der Region weder Lagerkapazitäten
für Kohle noch einen Gleisanschluss. Sollte es noch kälter werden, kann
Kaus sich vorstellen, dass drei oder vier Kohle-Schubverbände direkt hinter
dem Eisbrecher Konvoi fahren.
## Wann dürfen wir endlich aufs Eis?
Eigentlich gar nicht. Die Wasserschutzpolizei hält die Warnung vor dem
Betreten zugefrorener Gewässer unvermindert aufrecht. Die Eisdicke könne
extrem unterschiedlich sein. An einer Stelle seien es vielleicht 15
Zentimeter, anderswo nur 5. Wie weit etwa die Rummelsburger Bucht schon
zugefroren ist, will Andreas Meyer von der Wasserschutzpolizei nicht
verraten. "Die Leute gehen eh schon viel zu früh aufs Eis, wir wollen sie
nicht noch dazu animieren." Aus diesem Grund gibt die Behörde die Eisstärke
grundsätzlich nicht bekannt. Trotzdem erfassen die Beamten täglich mit
Eispickel und Messlatte, wie dick die Schicht ist. Wenn das nicht reicht,
holen sie den Eisbohrer.
## Was tun, wenn man einbricht?
In erster Linie sollte man es gar nicht dazu kommen lassen. Das heißt:
Problemzonen erkennen und meiden. Oberkommissar Meyer weiß: "Gefahren
lauern überall. Unter Brücken oder an Wassereinläufen. Auch dem Schilf
sollte man fernbleiben." Warum das? Aus abgestorbenem Schilfrohr
entwickelten sich Faulgase, die das Eis dünner werden lassen. Wenn es dann
doch passiert ist, wird's leicht paradox: Einerseits hat man nicht viel
Zeit - drei bis fünf Minuten, schätzt Meyer, "dann wird's schon knapp".
Aber, auch wenn es schwerfalle: Das Beste sei, Ruhe zu bewahren, rät der
Experte. Wenn man im Wasser nicht wild herumstrample, werde das kalte Blut
nicht so schnell im Körper verteilt.
## Sollte man im Bus die Luft anhalten?
Im Prinzip ja. Menschenansammlungen sind zurzeit die reinsten Brutkästen
für Viren und Bakterien. "Je enger man beieinander hockt, desto kürzer sind
die Übertragungswege", sagt Jörg Hofmann, Virologe an der Charité. Rhino-,
Corona- und Influenzaviren machten die Runde, beim Niesen würden die
Krankheitskeime über Aerosole, also winzige Tröpfchen, in die Umwelt
geschleudert. "Da hilft auch kein Atemschutz." Denn die meisten seien nicht
dicht genug, um Viren fernzuhalten, so Hofmann. Außerdem quellen die Filter
durch die feuchte Atemluft auf und müssten nach ein bis zwei Stunden
gewechselt werden. "Den Humbug kann man sich sparen", so der Mediziner.
Regelmäßiges Händewaschen sei im Alltag erfolgversprechender gegen Keime.
Außerdem sei es besser, statt in den Handschuh in den Ärmel zu niesen. "Und
man muss ja nicht in jede Gummibärchenschale fassen."
## Sind meine Blumen jetzt alle erfroren?
Nach der sibirischen Kälte könnte es im Frühjahr etwas schütter werden im
Garten, warnt der Leiter des Berliner Pflanzenschutzamts, Holger Schmidt.
"Während der milden Januartage ist der Saftstrom bei einigen Laubgehölzen
schon in Gang gekommen", erklärt er. Das Wasser, das nach dem Laubfall in
die Wurzeln gewandert war, sei zurück in Äste und Zweige geströmt. Bei
Minusgraden trete es nun aus den Zellen aus und gefriere. "Die schon
ausgetriebenen Knospen der Zierkirsche sind dann hin", weiß Schmidt.
Schlimmstenfalls reiße sogar das Holz. Für Hobbygärtner trotzdem kein Grund
zur Panik: Die Pflanzen haben Reserven. Noch schlafende Knospen treiben
einfach später aus. Was dagegen mit Berlins bestgehasstem Schädling, der
Miniermotte, passiert, wagt Schmidt nicht vorherzusagen: "Bei Kahlfrost
ohne Schnee fehlt dem Schädling zwar die kuschelwarme Winterdecke." Aber
auch wenn einige Larven erfrören - alle würden mit Sicherheit nicht
ausgerottet.
## Joggen bei minus 10 - ist das noch gesund?
Kommt drauf an. Darauf nämlich, wie trainiert man ist und ob man die
richtige Atemtechnik beherrscht, sagt Lars Janshen vom Centrum für
Sportwissenschaften und Sportmedizin Berlin: "Durch die Nase einatmen,
durch den Mund ausatmen." Die winterliche Luft müsse durch die warme
Schleimhaut erst angefeuchtet werden, sonst trockne die Luftröhre aus und
Bakterien nisteten sich ein. Erst der Schleim transportiere die
Krankheitserreger nach draußen. "Deswegen läuft uns die Nase", erklärt
Janshen. Sein Rat für unbeirrte Hardcore-Jogger ist ganz simpel: "Lauftempo
runter, locker traben und bewusst durch die Nase Luft holen."
## Und was zieh ich meinem Hund an?
Wer hätte das gedacht: Seit Beginn der aktuellen Kältewelle gehen
Wintermäntel für Vierbeiner weg wie warme Semmeln. "Für chinesische
Nackthunde oder Dackel, die zu Bandscheibenproblemen neigen, kann das Sinn
machen", findet auch Leo Brunnberg, Direktor der Kleintierklinik in
Zehlendorf. "Schühchen sind aber zu viel des Guten." Jedenfalls sei ihm in
den vergangenen 20 Jahren kein einziger Hund mit erfrorenen Pfoten
begegnet.
7 Feb 2012
## AUTOREN
Plutonia Plarre
Anja Rillcke
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