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# taz.de -- Prekäre Beschäftigung: Damit's zum Leben reicht
> SPD und Grüne legten am Dienstag einen gemeinsamen Entwurf für ein
> Mindestlohn-Gesetz vor: 8,50 Euro soll zahlen, wer von Bremen Geld
> bekommt.
Bild: Viele arbeiten fürn Appel & Ei. Ein Mindestlohn würde das ändern.
Was schwarz-gelb im Bund bislang nicht umsetzt, will rot-grün in Bremen nun
einführen: Den gesetzlichen Mindestlohn. Nach den USA und dem Großteil der
EU-Staaten wäre Bremen damit das erste deutsche Bundesland, das 8,50 Euro
brutto in der Stunde garantiert, loben sich die Fraktionsvorsitzenden von
SPD und Grünen. Sie stellten am Dienstag einen gemeinsamen Gesetzentwurf
vor. An prekären Löhnen etwa im Gastgewerbe oder der Leiharbeitsbranche
wird das allerdings nichts ändern. Denn die Kompetenz des Landesparlaments
ist begrenzt.
"Allen ist klar, dass ein verbindlicher Rechtsanspruch nur bundesweit zu
erreichen ist", sagte der Grünen-Fraktionsvorsitzende Matthias Güldner.
Dennoch, man wolle nicht immer nach Berlin zeigen: Geplant ist ein
"Landesmindestlohngesetz". Gelten soll das für Firmen, die mit dem Land
Bremen zusammen arbeiten wollen - über mehr kann Bremen nicht verfügen. Neu
ist, dass ein Mindestlohn auch von all jenen Unternehmen und Einrichtungen
gefordert wird, die vom Land Zuwendungen oder Vergünstigungen erhalten. Das
betrifft etwa Kulturbetriebe, Kindertagesstätten oder Sportvereine. Für
Beschäftigte der Verwaltung und die Vergabe von Aufträgen an private
Unternehmen hatte die rot-grüne Koalition bereits in der vergangenen
Legislaturperiode einen Mindestlohn zur Bedingung gemacht.
Mit 8,50 Euro folge man der Forderung des DGB, so der
Arbeitsmarkt-Politiker der SPD, Dieter Reinken. Zugrunde gelegt werde die
Grenze, ab der Alleinstehende keinen Anspruch mehr auf zusätzliche
Unterstützung vom Jobcenter haben. Vor kurzem hatte der Senat diese
Schwelle für Bremen berechnen lassen: Sie liegt bei 1.300 Euro brutto. Bei
40 Wochen-Arbeitsstunden und 8,50 Euro Stundenlohn verdient man mehr. Über
16.000 Vollzeitbeschäftigte arbeiteten 2010 im Land Bremen für weniger im
Monat.
Für wie viele Menschen das Gesetz nun mehr Geld brächte, ist bislang
unklar. Denn es gibt rechtliche Grenzen, selbst bei Betrieben, die anteilig
Bremen gehören. An der Weser Stadion GmbH etwa halte Bremen 50 Prozent und
könne somit nicht allein entscheiden, erklärte der
SPD-Fraktionsvorsitzende, Björn Tschöpe.
"Ich hätte mir auch gewünscht, dass Taxi-Konzessionen mit dem Mindestlohn
verbunden werden könnten", so Tschöpe. "Ausgesprochen ärgerlich" sei es,
dass mit dem Gesetz nicht auf die Hafenlogistik-Unternehmen BLG und
Eurogate zugegriffen werde könne.
Gelten aber wird es für die Kliniken der Gesundheit Nord und für die Bremer
Wohlfahrtsverbände. Und dort arbeiten Menschen für weniger Geld in der
Stunde, etwa im Fahrdienst. "Um die Mehrkosten zu beziffern sind wir
derzeit dabei, eine Übersicht zu erstellen", so der Vorsitzender der Bremer
Wohlfahrtsverbände, Arnold Knigge. Für einen Mindestlohn in Bremen und ganz
Deutschland spreche er sich zwar aus, aber: "Man muss auch die finanziellen
Folgen absehen. Wir erwarten, dass die nicht von den Wohlfahrtsverbänden
allein zu zahlen sind", so Knigge.
Die Bremer CDU lehnt einen "politisch festgelegten Mindestlohn" ganz ab.
"Die Festlegung der konkreten Lohnhöhe ist nicht Aufgabe von Politikern,
sondern von Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden", so der
CDU-Arbeitsmarktpolitiker, Jörg Kastendiek.
Die Fraktionsvorsitzender der Linken, Kristina Vogt, hingegen begrüßte den
Gesetzentwurf. Allerdings bliebe die Regierungskoalition "auf halbem Weg
stehen": Die Linke fordert einen Mindestlohn von 10 Euro, unter anderem um
auch Alleinerziehenden eine existenzsichernde Beschäftigung zu ermöglichen.
Debattiert werden soll der Gesetzentwurf in der nächsten
Bürgerschaftssitzung noch im Februar. Mit einer Verabschiedung wird nicht
vor April gerechnet.
7 Feb 2012
## AUTOREN
Jean-Philipp Baeck
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