# taz.de -- Sonntaz-Gespräch mit Bazon Brock : "Das Netz ist der Gulag un… | |
> Bazon Brock, das Enfant terrible der deutschsprachigen Kunstszene, über | |
> Joseph Beuys, den Finanzmarktirrsinn und die Kathedralen des strahlenden | |
> Atommülls. | |
Bild: Bazon Brock: "Lustmarsch durchs Theoriegelände" | |
Bazon Brock hat mit Joseph Beuys und Friedensreich Hundertwasser | |
zusammengearbeitet. Mit Peter Sloterdijk hat er kürzlich in Karlsruhe den | |
Studiengang des "professionalisierten Bürgers" gegründet. Und neuerdings | |
lehrt er in seiner "Berliner Denkerei" den Umgang mit unlösbaren Problemen. | |
Denn Brock glaubt, dass die Menschen eine Allmachtswahnidiotie über sich | |
und die Welt zugelassen haben, die sie unabdingbar in den Ruin, in die | |
Psychiatrie oder den Selbstmord treibt. "Die Geldwirtschaft ist", sagt er | |
im sonntaz-Gespräch, "eine systemische Fiktion, eine Spinnerei eines Clubs | |
von Verrückten." | |
Brock möchte die Menschen mit seinen Studiengängen und Aktionen wachrütteln | |
– der "professionalisierte Bürger" soll lernen, sich gegen die angeblich | |
rationale und faktische Macht des Politischen und Ökonomischen zu | |
behaupten. | |
Auch wenn er mit den Aktivisten von Occupy sympathisiert, die auch online | |
erfolgreich Aufmerksamkeit generiert haben: das Internet hält Bazon Brock | |
grundsätzlich für gefährlich. Im sonntaz-Gespräch nennt er es gar den | |
"Gulag unser Zeit". | |
"Jedes Datum Ihrer Bewegungen, jedes Datum Ihres Austausches mit anderen | |
Menschen, kann jederzeit von Machtinstitutionen kontrolliert und abgezogen | |
werden", sagt Brock. "Wir werden es noch hinreichend erleben, wie durch so | |
gewonnene Daten, die heute noch unter Terrorabwehr laufen, eines Tages | |
unsere Demokratie aufgehoben wird." | |
Geboren wurde Brock als Jürgen Johannes Hermann 1936 in Stolp (Pommern, | |
heute Polen). Sein Lateinlehrer hatte ihn "Bazon" – griechisch "der | |
Schwätzer" – genannt, weil er so ausdauernd zu reden vermochte. Seit den | |
60er Jahren ist er "Happening-Artist", Kunsttheoretiker, Professor für | |
Ästhetik und "Künstler ohne Werk". Von 1968 bis 1992 hat er die | |
documenta-Besucherschulen geleitet. | |
## 20.000 Menschen zum Parallelswingen gebracht | |
Mittlerweile ist er 75 Jahre alt und sagt über sein eigenes Wirken: "Ich | |
habe ja seit 1965 2.500 Veranstaltungen gemacht und da kann ich sagen, dass | |
ich mit meinen unmittelbaren Aktionen etwa 20.000 Menschen zum | |
Parallelswingen gebracht habe und da liegt meine Wirkung." | |
Um die Menschen mit ihrem Allmachtswahn hinsichtlich der Beherrschbarkeit | |
eines Jahrtausende lang strahlenden atomaren Restmülls zu konfrontieren, | |
möchte er in Großstädten "Kathedralen des strahlenden Mülls" erbauen. Auf | |
dem Moritzplatz in Berlin soll die erste strahlende Kathedrale der Welt | |
entstehen. | |
Im sonntaz-Gespräch sagt Brock: "Der strahlende Müll in Großstädten neben | |
Moschee, Synagoge und Kathedrale repräsentiert diese Verpflichtung von | |
jedermann auf Ewigkeitsdienst. Statt Wehrdienst gilt es, Ewigkeitsdienst zu | |
leisten. So kann man die Bürger mit der Verantwortung für das eigene | |
menschliche Tun konfrontieren. Schluss mit anything goes und der | |
vermeintlichen Beliebigkeit im Basteln von Wirklichkeitskonzepten." | |
Über diese Kathedralen des strahlenden Mülls, demokratisierendes | |
Nichtwissen und die Frage, weshalb er im Zweiten Weltkrieg als Junge von | |
knapp neun Jahren mit einer Panzerfaust auf die Russen geschossen hat, | |
spricht Bazon Brock in der [1][aktuellen sonntaz]. | |
11 Feb 2012 | |
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[1] /sonntaz | |
## AUTOREN | |
Alem Gravovac | |
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