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# taz.de -- Ärztliches Schweigen: Untersuchung der Stille
> Vorm Krankenhauskeim-Untersuchungsausschuss befolgen die Klinik-Ärzte die
> Devise: Nichts mit meinem Anwalt. Die Abgeordneten wurmt das sehr.
Bild: Ex-Chefarzt Hans-Iko Huppertz schweigt, sein Anwalt behält ihn dabei im …
Wie konnte es zum Tod der Frühchen im Klinikum Bremen-Mitte (KBM) kommen?
Wer hatte zu welchem Zeitpunkt von deren Infektion mit dem gefährlichen
Krankenhauskeim ESBL gewusst? Diese Fragen hätte Antje Grotheer (SPD) den
Ärzten der Neonatologie-Station gern gestellt. Die Vorsitzende des
Untersuchungsausschusses "Krankenhauskeime" hatte am Donnerstag jedoch vor
allem damit zu tun, ausführliche Rechtsbelehrungen vorzulesen. Denn die
Hygienefachkräfte und die vier Oberärzte, die der Ausschuss als Zeugen
geladen hatte, verweigerten allesamt die Aussage.
Einer von ihnen hatte am Vormittag im Krankenhaus sogar noch die Stellung
gehalten und war erst gegen Mittag aufgetaucht - um zu schweigen. Zu
erwarten gewesen war, dass Hans-Iko Huppertz den Abgeordneten nichts zu
erzählen hatte: Der Chefarzt der Kinderklinik des KBM war im November
fristlos entlassen worden. Gegen ihn läuft ein Strafverfahren, ebenso steht
die arbeitsrechtliche Klärung noch aus, ob seine Entlassung durch den
Geschäftsführer der Gesundheit-Nord zulässig war. Immer noch wisse Huppertz
nicht, so teilte sein Anwalt den Ausschussmitgliedern mit, was ihm genau
vorgeworfen würde. Wenn das geklärt sei, wäre eine Aussage in einzelnen
Punkten möglich. Bis dahin jedoch: Schweigen.
So ganz wollten sich die Parlamentarier das nicht gefallen lassen. Denn was
soll nach dem umfassenden Bericht von Staatsrat Matthias Stauch und dem
Zwischenbericht des Robert-Koch-Instituts noch herauskommen, wenn ihnen
niemand etwas sagt? Der Untersuchungsausschuss sei eben kein Gericht, sagte
dessen Vorsitzende Antje Grotheer (SPD) zur taz. Und so luden schließlich
VertreterInnen aller Fraktionen zur gemeinsamen Pressekonferenz. Und
schimpften. Ein bisschen. Und gedroht haben sie auch, etwas.
Man könne eine Aussageverweigerung zur Kenntnis nehmen, man sehe aber auch
die Möglichkeit, vom Amtsgericht die Zeugen zu einer Aussage zu zwingen,
per Geldstrafe. Das wollte mindestens Björn Fecker (Grüne) nicht mehr
ausschließen, wohl auch mit Blick auf die Termine der kommenden Woche: Dann
soll die Geschäftsführung des Klinikums antreten.
In deren Richtung wurde auch Rainer Benschs Ton schärfer. Es sei etwas
anderes, ob Angestellte eines Krankenhauses sich nicht belasten wollten,
oder die Geschäftsleitung schweige: "Es geht um die Verantwortung", sagte
Bensch der taz. Er sei indes "zuversichtlich, dass die Geschäftsführung
aussagt". Wenn nicht, stünden ihr nämlich "heiße Zeiten bevor. Das wäre
eine Bankrotterklärung", so Bensch.
Immerhin, so betonte auch Fecker, habe der Untersuchungsausschuss die Frage
der Verantwortung zu klären. Und ob die Maßnahmen die richtigen seien.
Außerdem fördere die Untersuchung auch ganz eigene, neue Aspekte zu Tage.
Etwa Lücken im Leichengesetz. Bei der ersten Sitzung des Monats war klar
geworden, dass in Bremen der behandelnde Arzt normalerweise selbst den
Totenschein ausstellt. Auch bei den verstorbenen Frühchen war so eine
natürlich Todesursache angekreuzt worden. Die Linksfraktion fordert nun ein
modernes Leichengesetz.
Interessant zumindest hätte die Aussage Huppertz werden können. Am 8.
September, so dokumentiert der Stauch-Bericht, hatte der an die zuständige
Hygienefachkraft geschrieben, dass es sich um eine "Häufung", keinen zu
meldenden "Ausbruch" der Keime handele. Bei elf Frühchen war bis dahin eine
ESBL-Infektion festgestellt worden, eines war im August gestorben, zwei
weitere Todesfälle gabs im Oktober.
9 Feb 2012
## AUTOREN
Jean Philippe Baeck
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