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# taz.de -- Bundesliga: Am Boden der Tatsachen
> Beim 1:1 der Fußballer von Werder Bremen gegen Hoffenheim trat die
> Wahrheit über den Leistungsstand des Teams hervor: Werder hat eine
> Mannschaft im Umbruch.
Bild: Umbau in Bremen: Werders neuer Spieler Zlatko Junuzovic (links) im Zweika…
HAMBURG taz | "Ich weiß gar nicht, wo Werder immer diese langen Kerls
hernimmt", wunderte sich Stuttgarts Trainer Bruno Labbadia vor knapp einem
Jahr im Weserstadion. Seit Otto Rehhagels Zeiten sind baumlange Hünen ein
Markenzeichen der Bremer Mannschaft. In den letzten Jahren galt das vor
allem für die Innenverteidigung: Mertesacker, Prödl und Naldo kratzen alle
an der Zwei-Meter-Marke. Die Zuschauer konnten sich beruhigt zurücklehnen,
wenn wieder mal ein hoher Ball in Werders Strafraum segelte - der wurde
meist zur sicheren Beute der Recken.
Heute sieht das anders aus. Bereits zehn Kopfball-Gegentore in dieser
Saison, davon allein drei in der Rückrunde - das spricht eine deutliche
Sprache. Das aktuelle Verteidigerpaar heißt Sokratis/Affolter und beide
Spieler sind kleiner als 1,90 Meter. "Es fehlt uns derzeit an der
Lufthoheit", hat Werders Sportdirektor Klaus Allofs erkannt. Und so lag
Werder am Samstag bereits nach vier Minuten durch einen Kopfballtreffer von
Hoffenheims fast zwei Meter großem Innenverteidiger Jannik Vestergaard mit
0:1 hinten.
Ein früher Rückstand hat normalerweise den Vorteil, dass genug Zeit bleibt,
ihn aufzuholen. Am Samstag war er aber fast schon spielentscheidend, da er
den neu formierten Bremern die Möglichkeit nahm, sich zu finden und ihr
Spiel aufzubauen. Niemand nahm sich die Zeit, den passenden Schlüssel für
das Hoffenheimer Bollwerk zu finden, alle holten von Beginn an hektisch die
Brechstange raus. "Wir haben nur in den letzten 20 Minuten Druck gemacht,
vorher nur mit langen Bällen agiert", analysierte Werder-Stürmer Markus
Rosenberg, dem ansonsten nicht viel gelang, richtig. "Wenn wir versucht
haben zu spielen, hatten wir viel zu einfache Ballverluste und sind in
Konter gelaufen."
Für die haarsträubendsten Ballverluste waren diesmal François Affolter und
Philipp Bargfrede verantwortlich. Während man das beim jungen Schweizer
noch der Unerfahrenheit zurechnen darf, stimmt die Leistung von Bargfrede
bedenklicher. Seine Fehlpassquote ist gerade auf der Position des
"Sechsers", von wo die wichtigsten Impulse für den Spielaufbau ausgehen,
schwer zu verkraften.
Auch dem Ersatzkandidaten für diese Rolle, Aleksandar Ignjovski, fehlt
meist der Blick für den Mitspieler. Den haben die Edeltechniker Mehmet
Ekici und Zlatko Junozovic zwar zu bieten - sie verlieren ihre Bälle dafür
in der direkten Konfrontation mit dem Gegenspieler. Bei Ekici, der zur
Halbzeit Marko Marin weichen musste, standen am Ende über 80 Prozent
verlorenen Zweikämpfe zu Buche.
"Wir müssen daran arbeiten, wieder mehr Klarheit in unsere Aktionen zu
kriegen", folgerte Werders Trainer Thomas Schaaf aus dem, was er gesehen
hatte. Da mit Claudio Pizarro diesmal derjenige fehlte, der eine mäßige
Leistung mit grandiosen Einzelaktionen noch hätte kaschieren können, trat
zumindest die Wahrheit über den tatsächlichen Leistungsstand deutlich
hervor: Werder verfügt über eine Mannschaft im Umbruch, in der vieles
holpert und stolpert, die aber immerhin so viel Moral und Potenzial
besitzt, noch in der Schlussminute zurückzuschlagen wie diesmal durch den
Ausgleichstreffer durch Marko Arnautovic.
Diese Eigenschaften könnten bei der Schwäche der Konkurrenten für einen
Platz zwischen fünf und sieben reichen - damit würde sich Werder für die
Europa-League qualifizieren. Jeder Blick auf die Champions-League-Plätze
ist in diesem und wahrscheinlich auch im nächsten Jahr allerdings
illusorisch.
Das sehen Teile des Bremer Publikums offenbar anders, sonst hätten sie ihre
Mannschaft nicht zur Halbzeit ausgepfiffen. "Ich bin etwas erschrocken,
welche Erwartungen hier herrschen", sagte Werders Sportdirektor Klaus
Allofs. Das Spiel dürfte geholfen haben, die Erwartungen auf ein
realistisches Maß zurechtzustutzen. Auch wenn die langen Kerls Prödl und
Naldo bald wieder zur Verfügung stehen.
12 Feb 2012
## AUTOREN
Ralf Lorenzen
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