| # taz.de -- Steven Spielbergs "Gefährten": Ein Kumpel zum Pferdestehlen | |
| > Wenn Tierliebe zu weit geht: Steven Spielberg scheitert bei seinem Film | |
| > "Gefährten" an der Darstellung einer innigen Zweierbeziehung zwischen | |
| > einem Jungen und einem Pferd. | |
| Bild: Anthropomorphisierung: vor allem Großaufnahmen pechschwarzer Pferdeaugen. | |
| In der südenglischen Grafschaft Devon steht ein Pferd auf dem Flur - wobei, | |
| grammatikalisch korrekt muss man sagen: auf der Flur. Das Pferd heißt Joey, | |
| ist von Natur aus Vollblüter, muss aber die niederen Dienste eines | |
| Ackergauls verrichten. Die neuen Besitzer, die Narrcotts, sind nämlich arme | |
| Leute, die sich aus Klassenstolz etwas leisten wollten, auch wenn der | |
| bäuerliche Alltag eigentlich ein deutlich weniger reinrassiges Arbeitstier | |
| nahegelegt hätte. | |
| Albert Narrcott (Jeremy Irvine), der adoleszente Sohn des Hauses, freut | |
| sich in Steven Spielbergs "War Horse" hingegen sehr über das unerwartet | |
| glamouröse Pferd und bricht nach dessen Ankunft sofort alle anderen | |
| Sozialkontakte ab. Pubertät war gestern, warum nicht mal eine ganz andere | |
| Objektbesetzung. Der Junge hat nur noch Augen für Joey, weshalb der | |
| deutsche Titel "Gefährten" nicht ganz zu Unrecht die innige Zweierbeziehung | |
| in den Mittelpunkt stellt. | |
| Spielberg fährt denn auch alles auf, was ihm an Anthropomorphisierung so in | |
| den Sinn kommt - nicht viel: vor allem Großaufnahmen pechschwarzer | |
| Pferdeaugen, weit geöffnete Fenster einer tiefgründig-verständigen Seele. | |
| Sehr viel Zeit nimmt sich Spielberg, um dieses Bonding zu plausibilisieren, | |
| um das Subjekt im Pferd als loyalen Kumpel zu präparieren. Dem entnervten | |
| Zuschauer bleiben hier nur die hübschen Landschaftsaufnahmen berühmter | |
| englischer Nationalparks wie Dartmoore. Dann aber bricht der Erste | |
| Weltkrieg aus. Es ist Alberts Vater, dem die Pferdevernarrtheit des Sohnes | |
| verständlicherweise langsam seltsam vorkam, der Joey unter Wert an die | |
| britische Kavallerie veräußert. Man muss das als Erziehungsmaßnahme | |
| verstehen. | |
| ## Tierliebe im Krieg | |
| Das einzig Gute an der ganzen Sache ist, dass sich auch unter den Soldaten | |
| schnell einer findet, der bereit ist, Joeys Wohlergehen als primäres | |
| Kriegsziel zu begreifen. Damit beginnt eine Odyssee durch zahlreiche | |
| Schlachtpanoramen des Ersten Weltkriegs. Joey wechselt gezwungenermaßen | |
| öfter die Seiten, aber selbst unter den Deutschen gibt es ausreichende | |
| Ressourcen in Sachen Tierliebe. | |
| Spielberg macht in diesem zweiten Teil etwas mehr Ernst mit der | |
| Actionfilm-Idee, den Krieg aus der Pferdeperspektive zu erzählen: Saving | |
| Private Joey. In stagnierender Gefechtslage an der Somme büxt Joey | |
| schließlich aus, verfängt sich dabei aber in fiesem Stacheldraht und geht | |
| fast zu Grunde. | |
| Irritierend ist die Drastik, mit der dieser Familienfilm hier einen | |
| versehrten Tierkörper inszeniert, sich an den kratertiefen Wundmalen | |
| weidet. Da ist wohl der Gaul mit Spielberg durchgegangen. | |
| 15 Feb 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Simon Rothöhler | |
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