# taz.de -- Zweitliga-Phänomen SC Paderborn: Und so spielt das Möbelhaus | |
> Trotz des kleinsten Zweitligaetats mischt der SC Paderborn im Kampf um | |
> den Aufstieg mit. Der Erfolg basiert auf jahrelanger Aufbauarbeit und ein | |
> paar Fußballverrückten. | |
Bild: Erfolgsgarant in Ostwestfalen: Paderborns Coach Roger Schmidt. | |
PADERBORN taz | Brav und pflichtbewusst beantwortet Trainer Roger Schmidt | |
die Fragen der Lokaljournalisten. Fünf sind heute gekommen. Es gibt zwar | |
ein Podium und ein Mikrofon im Raum, aber die Reporter sitzen mit Schmidt | |
und Pressesprecher Matthias Hack in einem Tischkreis bei trockenem Gebäck | |
einer Discountmarke und Filterkaffee. | |
Recht spartanisch geht es hier zu, auch wenn die pompöse Erstligabühne in | |
Reichweite zu sein scheint. Denn nach 21 Spieltagen steht der SC Paderborn | |
nur einen Punkt von einem direkten Aufstiegsplatz entfernt. Dass dort nicht | |
Bochum, 1860 München oder der Karlsruher SC stehen, ist das Verdienst von | |
leidensfähigen Fußballverrückten und jahrelanger Aufbauarbeit. | |
Klubpräsident Wilfried Finke etwa, Besitzer einer Möbelhauskette, der dem | |
Verein durch einige Finanzspritzen überhaupt erst den Einstieg in den | |
Profifußball ermöglicht hat. Finke ist leidenschaftlicher Fußballfan und | |
Macher. "Wilfried Finke war der maßgebliche Förderer unserer Entwicklung", | |
meint Michael Born, Manager des SC Paderborn. Born steht am Spielfeldrand | |
des Paderborner Stadions und schaut der Mannschaft beim Training zu. | |
Ein richtiges Trainingszentrum hat der Klub noch nicht und auf der | |
"Paderkampfbahn", wo sonst trainiert wird, ist der Boden noch gefroren. | |
Finke holte Born 1996 zunächst als Geschäftsstellenleiter nach Paderborn. | |
"Meine erste Aufgabe war, überhaupt eine Geschäftsstelle aufzubauen. | |
## Hochspannungsleitung über dem Stadion | |
Neben mir war dort damals nur ein Rentner und unser Spieler Dieter Hecking, | |
der sich nebenbei um das Marketing gekümmert hat", erklärt Born. Paderborn | |
spielte im stadteigenen Hermann-Löns-Stadion, das sich vor allem dadurch | |
auszeichnete, dass eine Hochspannungsleitung über das Stadion lief. | |
Seitdem hat sich einiges geändert. Die Geschäftsstelle muss zwar ohne | |
Dieter Hecking auskommen, der mittlerweile den 1. FC Nürnberg trainiert, | |
aber dafür arbeiten jetzt dort acht Festangestellte. Und 2008 zog der Klub | |
in eine neue Arena mit Blick auf das Möbelhaus von Klubchef Finke. | |
Paderborn hat es durch viele kleine Schritte langsam geschafft, sich im | |
Profifußball zu etablieren. | |
Mit dem Druck eines möglichen Aufstiegs gehen sie in Paderborn deshalb | |
ebenso locker um wie mit der 1:5-Niederlage gegen Greuther Fürth am | |
vergangenen Sonntag. Es war ja auch die erste Niederlage seit 16 Spielen, | |
und der Druck liegt ohnehin bei anderen. "Wenn ich mir diese ganzen | |
Geschichten rund um das Spiel in Düsseldorf ansehe, lache ich mich kaputt", | |
meint Born zum Aufstiegsgipfel zwischen Frankfurt und Düsseldorf, der am | |
Montag in aufgeladener Atmosphäre stattfand. | |
In Paderborn lässt es sich ruhiger arbeiten, auch weil die finanziellen | |
Möglichkeiten bescheiden sind. Der SC hat den kleinsten Etat der Liga (5 | |
Millionen Euro). Dafür hatten sie zuletzt oft den richtigen Riecher: | |
"Wilfried Finke hat vor allem ein Händchen für Trainertalente", meint Born | |
und offenbart damit, dass der Klubchef auch im sportlichen Alltagsgeschäft | |
mitbestimmt. Finke entdeckte den damals noch unbekannten Jos Luhukay und | |
später André Schubert, der den Klub vor der Saison in Richtung St. Pauli | |
verließ. | |
## 5 Millionen und Roger Schmidt | |
Finkes und Borns neueste Entdeckung heißt Roger Schmidt. Der 44-Jährige ist | |
groß gewachsen, strahlt eine westfälische Ruhe aus, ist ehrgeizig und war | |
bis vor kurzem völlig unbekannt. Trainiert hatte er zuvor den damaligen | |
Regionalligisten Preußen Münster. Die zweite Liga war für Schmidt ein | |
"Riesensprung", wie er zugibt. "Aber das kommt mir entgegen. Je besser die | |
Spieler sind, desto besser kann ich meine Spielweise umzusetzen." | |
Schmidts Spielweise ist vor allem eins: offensiv. Während Außenseiter Aue | |
sich letzte Saison in die oberen Regionen der zweiten Liga rumpelte, spielt | |
Paderborn ansehnlichen Angriffsfußball. "In der Offensive liegt doch der | |
Reiz des Fußballs", meint Schmidt. Er ist kein autoritärer Typ, überlässt | |
es seinen Spielern, ob sie ihn siezen oder duzen. | |
Schmidt legt viel Wert auf eine gute Beziehung zu den Spielern: "Das | |
Menschliche ist für einen Fußballtrainer wichtiger als das Fachliche. Man | |
kann es nicht lernen." Mit diesen Qualitäten würde er Paderborn gern in die | |
erste Liga führen. Gewinnt man heute zu Hause gegen Dynamo Dresden, könnte | |
man das Trio auf den Aufstiegsplätzen weiter unter Druck setzen. | |
Mit diesen Qualitäten würde er Paderborn gerne in die erste Liga führen. | |
Nach der Pressekonferenz steht Schmidt dort, wo eben noch ein | |
Lokaljournalist saß und greift sich einen Keks. Auf Lachshäppchen wird er | |
wohl selbst in der Bundesliga verzichten müssen. | |
17 Feb 2012 | |
## AUTOREN | |
Felix Laurenz | |
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