# taz.de -- Fußball-Bundesliga: Nordderby verlieren tut weh | |
> Die Youngster von Werder Bremen bestehen ihre Feuertaufe. Ein Spiel auf | |
> Augenhöhe mit dem HSV gewinnen die Bremer dennoch deutlich. | |
Bild: Frustriert nach der Niederlage gegen Bremen: HSV-Stürmer Paolo Guerrero. | |
Mit dem Schlusspfiff wäre fast noch das 1:4 gefallen. Das wäre zu viel des | |
Schlechten für den Hamburger SV und zu viel des Guten für den SV Werder | |
Bremen gewesen. Ein verdientes 1:3 (0:2) reichte. | |
Kleines Latinum? Na, wie sieht es aus? "Libertatem quam peperere maiores | |
digne studeat servare posteritas", zeigten die HSV-Fans vor Spielbeginn auf | |
einem Spruchband ihren Freunden von der Weser. Der lateinische Satz steht, | |
in Stein, über dem Portal des Hamburger Rathauses. Übersetzt: "Die | |
Freiheit, die schwer errungen die Alten, möge die Nachwelt würdig | |
erhalten." Im Stadion ist er gerahmt von zwei Löwen, die das Hamburger | |
Stadttor verteidigen, mit Zungen rot wie Flammen. | |
Im Block der Bremer brennts wirklich, sie zündeln mit Pyros, gehört | |
inzwischen dazu. Was nicht dazugehört: Zwei Hamburger Fans werden | |
verhaftet, als sie versuchen, ein mit Benzin getränktes Transparent ins | |
Stadion zu schmuggeln. | |
In der 43. Minute fliegt an der Eckfahne ein Bierbecher an die Wade von | |
Bremens Marko Marin, gefüllt mit Wasser und einem Feuerzeug. Marin, der im | |
offensiven Mittelfeld ein gutes Spiel macht, sackt zusammen und überlegt, | |
ob er nicht mehr aufstehen soll. Aber er entscheidet sich für den Eckball. | |
So ein Derby bringt Leute auf merkwürdige Ideen. | |
Werder beginnt mit dem 20-jährigen François Affolter in der | |
Innenverteidigung, dem Linksverteidiger Florian Hartherz, 18, vor ihm im | |
Mittelfeld Tom Trybull, 18. Werder geht zu Recht davon aus, dass der HSV | |
über die andere Seite kommt. Die beiden zusammen sind etwa so alt wie | |
Stürmer Claudio Pizarro, der den Altersschnitt versaut. Wenn Sie die Jungen | |
nicht kennen, grämen Sie sich nicht. In zwei Jahren kennt sie jeder. | |
Der HSV versucht es mit der Taktik, die den Bayern Probleme bereitet hatte: | |
Die Außenverteidiger stehen tief in des Gegners Hälfte, vor den | |
Mittelfeldspielern auf ihrer Seite, die, bei eigenem Ballbesitz, ins | |
zentrale Mittelfeld oder den Sturm vorrücken. Geht super, wenn man den Ball | |
sicher durchs Mittelfeld bringt. Also versucht Werder, das zu verhindern. | |
Der SV Werder kommt mit der Taktik, mit der Dortmund gegen den HSV | |
erfolgreich war: Pressen, das erschwert den Spielaufbau, und kontern. "Wir | |
waren gut eingestellt", lobt Marin seinen Trainer nach dem Spiel. | |
In der 9. Minute holt sich Markus Rosenberg den Ball von Tomás Rincón. | |
Rincóns Fehler ist provoziert, Rosenberg tut viel dafür. Der Ball landet | |
bei Marin, der verliert ihn fast und schießt dann doch das Tor. "Damit war | |
unser Plan kaputt", sagt HSV-Stürmer Paolo Guerrero, der selbstkritisch | |
feststellt: "Nicht Bremen hat das Spiel gewonnen, sondern wir haben es | |
verloren - durch die Fehler, die wir gemacht haben." So sieht es auch | |
HSV-Trainer Thorsten Fink, der bei Bremen "so viele Fehler wie bei uns" | |
gesehen hat, "aber die haben unsere besser genutzt". | |
Nach einem Eckball fällt mit dem Pausenpfiff das 0:2: Trybull köpft, der | |
Ball setzt auf, HSV-Keeper Jaroslav Drobny ist geschlagen. | |
Aus einer der vielen Standardsituationen macht Mladen Petric den | |
Anschlusstreffer, weil Bremens Clemens Fritz den Ball ablenkt, sonst hätte | |
Tim Wiese den auch noch gehalten. Der HSV drückt, hat Chancen wie die von | |
Guerrero, als der Ball an den Pfosten titscht - aber Bremen macht den Sack | |
zu: Der eingewechselte Marko Arnautovic nutzt ein Missverständnis zwischen | |
den HSV-Innenverteidigern. | |
Auf die Frage, ob ihm seine Nase, die einen Schlag abgekriegt hat, weh tut, | |
sagt Guerrero: "Das Derby zu verlieren tut mehr weh." | |
19 Feb 2012 | |
## AUTOREN | |
Roger Repplinger | |
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