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# taz.de -- Schlägerei auf U-Bahnhof mit tödlichen Folgen: Angeklagter bekenn…
> Am Montag begann der Prozess gegen zwei Männer, die für den Tod des
> Berliners Giuseppe M. verantwortlich sein sollen.
Bild: Die Stelle am Kaiserdamm, wo Giuseppe M. starb
Vor dem Saal 500 im Kriminalgericht Moabit drängen sich die Menschen. Neben
zahlreichen Medienvertretern sind auffällig viele junge Männer gekommen. Es
sind Freunde und Bekannte von Giuseppe M. Der 23-Jährige war am 17.
September 2011 aus Angst vor einem Verfolger aus dem U-Bahnhof Kaiserdamm
geflüchtet. Er rannte auf die Fahrbahn, wurde von einem Auto erfasst, gegen
einen Ampelmast geschleudert und erlag noch am Unfallort seinen
Verletzungen. Drinnen im Saal müssen sich die zwei Männer im Alter von 21
und 22 Jahren verantworten, die in den Augen der Staatsanwaltschaft direkt
oder indirekt verantwortlich für M.s Tod sind.
Es ist nicht der erste Prozess dieser Art - dabei nimmt die Zahl der
Gewaltdelikte in Bussen und Bahnen ab. Dennoch: Der U-Bahnhof wird immer
wieder zum Tatort. Akteure sind zumeist junge Männer, die auf andere junge
Männer treffen. Es ist weit nach Mitternacht, keiner ist nüchtern, der
Testosteronspiegel hoch. Eine provozierende Bemerkung, eine falsche
Bewegung - der Anlass, aus dem Streit ausbricht, ist zumeist beliebig. Und
wenn es hart auf hart kommt, bleibt am Ende einer am Boden.
Der Prozess zeigt, wie schwer es ist, so einer Auseinandersetzung zu
entgehen. Auch das Bewusstsein, zur Risikogruppe zu gehören, ändert an der
verhängnisvollen Dynamik nichts.
Wenige Stunden bevor es zu dem folgenschweren Geschehen auf dem Kaiserdamm
kam, hatte Giuseppe M. noch mit seinen alten Schulfreunden in trauter Runde
zusammengesessen und sich über das Thema unterhalten. Das berichtete sein
Freund Raul S. am Montag als Zeuge vor Gericht: "Wir waren uns einig, dass
wir versuchen würden, so einer Provokation aus dem Weg zu gehen", sagte der
Student Raul S. "Alle haben diese Position vertreten". In derselben Nacht -
genau gesagt, gegen 4.35 Uhr morgens - wurde aus der Theorie Ernst. Vor
Gericht schilderte Raul S., dass er mit Giuseppe M. auf dem U-Bahnhof
Kaiserdamm stand und sie von den ihnen gänzlich unbekannten Angeklagten um
Zigaretten angegangen wurden. Die Angeklagten hätten aggressiv gewirkt,
sagte S. Ohne jede Vorwarnung habe der ältere Angeklagte Giuseppe
geschlagen. Der andere habe auch zugeschlagen. "Wir verteidigten uns und
schlugen zurück."
Nach Zuruf von Giuseppe habe er die Flucht ergriffen. "Ich hatte Angst um
mein Leben", sagte der Zeuge. Als er die Treppe hochgerannt sei, habe er
sich umgedreht und gesehen, dass Giuseppe ihm folgte. Dem Freund wiederum
sei einer der Angreifer in ein paar Metern Entfernung auf den Fersen
gewesen. Später habe er sich noch mal umgedreht. Da habe sich Giuseppe
bereits auf der Fahrbahn befunden. Kurz darauf habe er einen lauten Knall
gehört. Den Angeklagten Ali T. habe er auf dem Bürgersteig des Kaiserdamms
wegrennen sehen.
Raul S. fand den Freund bewusstlos mit blutendem Hinterkopf auf der
Mittelinsel. Bis die Feuerwehr kam, versuchte er, ihn wiederzubeleben. Dann
wurde er abgelöst. Im Polizeiwagen erfuhr er, dass seine Bemühungen
vergebens waren. Giuseppe hatte gerade eine Kochlehre absolviert. Er wollte
zu den Gebirgsjägern der Bundeswehr gehen.
Die Staatsanwaltschaft wirft Ali T. vor, Giuseppe M. "gehetzt" zu haben. T.
hätte die Folgen seiner Verfolgung "voraussehen können und müssen". Deshalb
lautet der Vorwurf Körperverletzung mit Todesfolge. In einem schriftlichen
Geständnis, dass T. von seinem Verteidiger Stefan Conen vor Gericht
verlesen ließ, erklärte der Angeklagte: "Ich gebe mir eine Mitschuld, ich
will mich der Verantwortung stellen." Das Bild, wie Giuseppe M. gegen den
Mast geknallt sei, werde er nie vergessen. Der Prozess wird fortgesetzt.
20 Feb 2012
## AUTOREN
Plutonia Plarre
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