# taz.de -- Gericht stellt Prozess ein: Berlusconi kommt wieder davon | |
> Berlusconi entgeht erneut einer Verurteilung wegen Bestechungsvorwürfen. | |
> Er soll einem Anwalt 600.000 Dollar für Falschaussagen gezahlt haben. | |
Bild: Hat – mal wieder – gut lachen: Silvio Berlusconi. | |
MAILAND afp | Der frühere italienische Regierungschef Silvio Berlusconi ist | |
den Fängen der Justiz erneut entkommen: Ein Prozess um mutmaßliche | |
Bestechungszahlungen Berlusconis an seinen früheren Anwalt David Mills vor | |
einem Mailänder Gericht wurde am Samstag wegen Verjährung eingestellt. | |
Berlusconi war vorgeworfen worden, Mills in den 1990er Jahren für | |
Falschaussagen in zwei Prozessen 600.000 Dollar (heute rund 450.000 Euro) | |
gezahlt zu haben. | |
Drei Stunden Zeit nahm sich Richterin Francesca Vitale, um nach dem | |
Schlussplädoyer von Berlusconis Anwälten einen Beschluss zu fassen. Weniger | |
als eine Minute brauchte sie dann, um im vollen Gerichtssaal die | |
Einstellung des seit fast fünf Jahren laufenden Verfahrens zu verkünden. | |
Staatsanwalt Fabio de Pasquale reagierte zutiefst enttäuscht auf die | |
Einstellung des Verfahrens: "Ich will einfach nur raus hier", sagte er zu | |
Journalisten. | |
Die Staatsanwaltschaft hatte fünf Jahre Haft für den 75-jährigen Berlusconi | |
gefordert. Auch bei einem Schuldspruch wäre es angesichts seines Alters | |
allerdings unwahrscheinlich gewesen, dass Berlusconi eine Haftstrafe hätte | |
antreten müssen. Allerdings wäre eine Verurteilung von großer symbolischer | |
Bedeutung gewesen. | |
Berlusconis Anwälte hatten auf Freispruch oder eine Einstellung des | |
Verfahrens wegen Verjährung plädiert. Piero Longo, einer von Berlusconis | |
Verteidigern, sagte später, die Einstellung in Mailand bedeute einen | |
"Erfolg" für seinen Mandanten. Sein Kollege Niccolò Ghedini meinte, | |
Berlusconi habe einen "Freispruch verdient". Deshalb sei die Verteidigung | |
weder "zufrieden noch vollkommen unzufrieden". | |
Berlusconi selbst erschien am Samstag nicht vor Gericht. Er hatte sich zwar | |
am Morgen von seiner Residenz in Rom aus auf den Weg nach Mailand gemacht - | |
allerdings nur, um dort ein Fußballspiel seines Vereins AC Mailand gegen | |
Juventus Turin zu verfolgen. Am Freitag hatte Berlusconi erklärt, der | |
Mills-Prozess sei wie viele andere Prozesse gegen ihn "erfunden". Der | |
Fraktionsvorsitzende von Berlusconis rechtsgerichteter Partei Volk der | |
Freiheit (PdL) im Abgeordnetenhaus, Fabrizio Cicchitto, sagte: "Die | |
Verurteilung eines Unschuldigen ist vermieden worden". | |
In einem getrennten Prozess zu den Bestechungsvorwürfen war Mills im | |
Februar 2009 wegen der Annahme des Gelds von Berlusconi in erster und | |
zweiter Instanz zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Der Oberste | |
Gerichtshof urteilte im Jahr darauf jedoch, die Taten seien nach mehr als | |
zehn Jahren verjährt. In der Urteilsbegründung ist allerdings von einem | |
"sehr schwerwiegenden Fall von Korruption" die Rede. | |
Berlusconi war 1997 und 1998 in drei Verfahren in erster Instanz wegen | |
Korruption, Bilanzfälschung und illegaler Parteienfinanzierung zu insgesamt | |
sechs Jahren und fünf Monaten Haft verurteilt worden. Alle Urteile wurden | |
aber später aufgehoben oder wegen Verjährung nicht rechtskräftig. | |
In Mailand laufen derzeit noch drei weitere Verfahren gegen Berlusconi. Die | |
Aufmerksamkeit der Medien richtet sich vor allem auf den sogenannten | |
Rubygate-Prozess, in dem ihm Begünstigung der Prostitution Minderjähriger | |
sowie Amtsmissbrauch vorgeworfen werden. Außerdem laufen Verfahren wegen | |
mutmaßlichen Steuerbetrugs beim Medienkonzern Mediaset und im Zusammenhang | |
mit abgehörten Telefongesprächen von linksgerichteten Persönlichkeiten. | |
Berlusconi war Mitte November im Zuge der Schuldenkrise vom Amt des | |
Regierungschefs zurückgetreten. | |
26 Feb 2012 | |
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