# taz.de -- Matthias Matussek nervt: "Kein Wein mehr für Tisch 43" | |
> Was sagt uns das? "Spiegel"-Autor Matthias Matussek mag den Berliner | |
> Promitreff Borchardt. Soll er doch. Bloß warum schreibt er darüber? | |
Bild: Schreibt über alles: Matthias Mattusek. | |
Gegen Mitternacht verlässt der große Matthias Matussek das Restaurant | |
Borchardt in der preußischen Mitte Berlins, vom Riesling lächelnd, ein | |
müder alter Reporter-König, der durch Gläserklirren und Gelächter | |
schreitet. Blicke begleiten ihn, auch der von Maria Furtwängler, auch der | |
von Roland Mary, dem Besitzer des Restaurants, der plötzlich sagt: "Und ich | |
dachte schon, der hätte kein Zuhause." | |
Für einen Nicht-Ort ist hier jede Menge lustiger Betrieb und Gedroge, immer | |
neue Ankömmlinge aus der arktischen Kälte haben diesen seligen | |
"Gerettet"-Ausdruck in den Gesichtern, wenn sie erkannt werden. | |
Das Borchardt hat es geschafft, in 20 Jahren zur Institution zu werden und | |
zum wahrscheinlich unsympathischsten Flecken Berlins. Es ist die Kantine | |
der Politik tagsüber, abends ein Treffpunkt für neureiche Zeigefreudige und | |
in den Morgenstunden der Partykeller, ganz besonders während der Berlinale | |
- aber eigentlich immer, wenn genügend distanzlose Journalisten da sind, | |
die ordentlich Durst mitgebracht haben. | |
Einen "Shining"-Moment lang meint man sie zu sehen, im Delikatessengeschäft | |
des 19. Jahrhunderts, all die Toten mit Zylindern und die Damen in den | |
langen Röcken, die von der Straße hereinwehen. Aber dann sind es doch nur | |
Thomas Gottschalk und Veronica Ferres. | |
## Gesichtsverleiher und Hauptstadtjournalisten | |
Warum nur schiebt sich in Berlin alles so hysterisch ineinander, all die | |
Gesichtsverleiher und Hauptstadtjournalisten? Liegt es daran, dass sie | |
keine guten Restaurants kennen? | |
Natürlich ist das Borchardt längst nicht mehr Hoflieferant, aber unter | |
ihresgleichen bleiben wollen die Gäste immer noch. | |
Mary lächelt. Das passiert selten an diesem Abend - bei den Gästen! | |
Ansonsten schaut er auf das Treiben wie der besorgte Bereitschaftsarzt auf | |
dem Oktoberfest. Ab und zu steht er auf und sagt Sachen wie "Kein Wein mehr | |
für Tisch 43". | |
Die Karte ist überschaubar, Steaks und Fisch, Bouillabaisse und Entenleber, | |
nichts Extravagantes, aber zuverlässig überteuert. Nur zum Essen geht | |
sowieso keiner hierher, manche Gäste kommen auch zum anschließenden | |
Erbrechen. | |
Mary grüßt viele, aber er bleibt selten stehen, er ist kein Beichtvater, er | |
ist "oberflächlich" wie seine Gäste, und das sagt er so nachdrücklich, dass | |
man dahinter gleich den Zyniker vermutet. Wenn er vom Selbstmord eines | |
Stammgastes hört, achtet er trotzdem darauf, dass die Gläser poliert sind. | |
Er sagt: "Das Leben ist hart." | |
Während Mary die Geschichte seiner Landnahme in der damaligen Todeszone | |
Berlin-Mitte erzählt, sagt der pferdezopfige Restaurantchef: "Brian de | |
Palma ist auch da." | |
"Wo?", fragt Mary. | |
## Bei uns auf dem Schoß | |
Den kennt hier natürlich kein Schwein, außer Matussek, der schon bei ihm | |
auf dem Schoß Platz genommen hat. | |
Matussek gesteht, von Mary geldwerte Vorteile erhalten zu haben. Damals in | |
den Neunzigern haben Spiegel-Redakteure Rabatte vom Borchardt bekommen: | |
Statt 18 mussten sie nur 16 Mark für das Mittagsgericht zahlen. Das Koks | |
gabs auch billiger. | |
Ein letzter Streifzug durch die Gesprächswolken des Restaurants, die | |
Niederschlag in Matusseks nächster großer Geschichte werden, denn hier | |
inhaliert man am liebsten sich selbst. | |
Glückwunsch, Matthias Matussek, zu diesem Text aus einer Stadt, die wohl | |
dazu verdammt ist, Leute wie Sie aushalten zu müssen. | |
27 Feb 2012 | |
## AUTOREN | |
David Denk | |
## TAGS | |
Matthias Matussek | |
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