# taz.de -- Piraten II: Genderdebatte: Sex mit Ponys schockt Grüne | |
> Im Ballhaus Rixdorf ging es am Wochenende um frauenferne Nerds, | |
> technikferne Frauen und Postgender-Zeichentrick. Die Grünen hatten die | |
> Piraten um Aufklärung gebeten. | |
Bild: Absolut jugendfrei: Ponyspiele bei den Piraten. | |
"Bei den Piraten gibt es mehr Toleranz für Sex mit Ponys als für | |
Feminismus." Sagt Julia Schramm, ihres Zeichens Piratin und selbst ernannte | |
Postgenderfeministin. Grünes Raunen geht durchs Ballhaus Rixdorf. "Hat sie | |
wirklich Ponys gesagt?", fragt eine Zuschauerin ungläubig. Im Rahmen der | |
Genderkonferenz der Grünen lassen sich am Samstagabend aber nicht nur | |
Wissenslücken zu sexuellen Spielarten schließen. Die Podiumsdiskussion mit | |
den PiratInnen zum Thema "Genderzukunft" ist auch eine Abrechnung mit den | |
Vorwürfen der letzten Monate. | |
Während sich der neue Landeschef auf dem Parteitag in Moabit unbeliebt | |
macht, haben die Piraten zwei Vertreter nach Neukölln entsandt: die | |
Politologin Schramm, die sich "aus Notwehr vor sexistischen Angriffen in | |
der Partei" zur Feministin erklärt hat. Und Simon Kowalewski, der sich | |
selbst gern als "Radikalfeminist" bezeichnet und den die | |
14-Männer-und-1-Frau-Fraktion der Piraten zum frauenpolitischen Sprecher | |
wählte. | |
Für die Grünen halten die als "Urgestein der Genderpolitik" anmoderierte | |
frauenpolitische Sprecherin Anja Kofbinger und Sina Doughan, | |
Bundessprecherin der Grünen Jugend, das Bekenntnis zur Frauenpolitik hoch. | |
Die Fronten sind klar: Die Piraten lehnen Geschlechterzuschreibungen ab und | |
bezeichnen sich lieber als Eichhörnchen denn als Männer und Frauen. Dafür | |
haben sie sich das Label "Postgender" verpasst, Quotenregelungen lehnen sie | |
ab. "Wir teilen das Ziel, aber nicht den Weg", beschreibt Sina Doughan den | |
Unterschied zwischen Piraten und Grünen. "Postgender ist zwar eine | |
erstrebenswerte Utopie, aber da sind wir eben noch nicht." Bis dahin sei | |
die Quote das wirkungsvollste Instrument überhaupt, um Unterschiede in der | |
Machtverteilung sichtbar zu machen. "Deshalb haben wir 50 Prozent in fast | |
allen Gremien und ihr eben nicht", so Doughan. | |
Seit die PiratInnen ins Abgeordnetenhaus gewählt wurden, hagelt es solche | |
Kritik. Dazu kommen Auswüchse wie die "AG Männer", die sich als | |
Männerrechtler verstehen. Und Aussagen wie die von Fraktionschef Andreas | |
Baum, wonach Frauen eben lieber im Hintergrund arbeiteten. | |
"Dafür haben wir ihn auch geshitstormt", rechtfertigt sich Julia Schramm. | |
Will sagen: Man hat ihn auf Twitter beschimpft. Mit dem Einwurf "Der | |
Andreas hat halt einfach nicht viel mit Frauen zu tun", sorgt Kowalewski | |
für Heiterkeit. Dass nicht nur "der Andreas" Nachhilfeunterricht in Sachen | |
Feminismus braucht, hat eine aktuelle Umfrage unter den PiratInnen ergeben. | |
20 Prozent verstünden unter Feminismus den Krieg gegen Männer, 80 Prozent | |
hätten sich gegen eine Quote ausgesprochen, trägt Schramm vor. Es gebe | |
Männer wie Kowalewski, die "liebe Kolleginnen" sagen und damit alle | |
Geschlechter meinen. "Aber eben auch den bayerischen Kreisvorstand, der | |
seit 20 Jahren im IT-Bereich arbeitet und sich immer von Frauen gemobbt | |
fühlte." | |
Das liege aber nicht an der Politik der Partei, sondern sei ein Symptom für | |
das Versagen der Geschlechterpolitik der letzten Jahrzehnte, sagt Schramm, | |
auch in Richtung der Grünen. "Die alten Feministinnen haben das Internet | |
schlicht verschlafen." | |
Bleibt noch die Sache mit den Ponys, die natürlich keine echten Huftiere | |
sind. Sondern eine Zeichentrickserie mit weiblichen Minipferden in | |
Pastellfarben, die bei Piraten - unabhängig vom biologischen und sozialen | |
Geschlecht - der Pausengestaltung dient. "Wenn damit nicht hegemoniale | |
Männlichkeit dekonstruiert wird, dann weiß ichs auch nicht", sagt Piratin | |
Schramm. | |
26 Feb 2012 | |
## AUTOREN | |
Manuela Heim | |
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