# taz.de -- MUSIK: Nicht rechts genug | |
> Zwei Tage nach einer Veranstaltung zu Rechtsrock hat die Deutschrock-Band | |
> Haudegen im Lagerhaus gespielt - vor "Dorfprolls und Kirmes-Faschos" | |
Bild: Die Band Haudegen - und wie sich selbst gerne sehen. | |
Hagen Stoll ist tätowiert bis zum Hals. Er kommt aus Berlin-Mahrzahn und in | |
Rap-Videos zeigte sich der Ex-Hooligan – als er noch „Joe Rilla“ hieß – | |
gern so richtig männlich. Für die Fußball-Fans des BFC Dynamo – die einen | |
rechten Ruf haben – hat er mal eine Straßenhymne eingesungen. Doch | |
Hooliganismus und Plattenbauten hat Hagen Stoll hinter sich gelassen, | |
ebenso den Rap. Er und ein Ost-Kollege gründeten 2010 die Deutschrock-Band | |
Haudegen. Mit Whiskey-Stimme singt er über Heimat, Freundschaft und das | |
harte Leben. Am vergangenen Donnerstag zum Beispiel im Kulturzentrum | |
Lagerhaus. Dort allerdings war man über die Gäste nicht sehr glücklich. | |
„Ich war überrascht, was für Leute auf einmal auftauchten“, sagte ein | |
Lagerhaus-Angestellter, der nicht genannt werden will. „Mindestens 20 | |
Besucher waren da, die ich dem Neonazi-Spektrum zuordnen würde.“ Und der | |
Rest der rund 300 Gäste? Sei ein Böhse Onkelz-Publikum gewesen, „eben | |
Dorfprolls, Fußball-Hooligans und Kirmes-Faschos“, so der Mitarbeiter. Auch | |
die hätten gemerkt, dass das Lagerhaus einen linken Anstrich hat und sich | |
nicht besonders wohl gefühlt. | |
Dass Haudegen rechtes Publikum anzieht, weiß anscheinend auch deren | |
Tournee-Agentur. Laut einer Anweisung an die Veranstalter solle bei | |
MitarbeiterInnen und Publikum darauf geachtet werden, dass sie keine | |
rechtsextremen Symbole zeigen. Man will sich distanzieren. „Die wissen | |
schon, was auf Konzerten zu erwarten ist“, sagt Wolfgang Gerhardy, der im | |
Lagerhaus für den Saal zuständig war. Bremer Veranstalter war die Agentur | |
Koopmann Concerts. „Das Lagerhaus selbst würde das nicht machen“, sagte | |
Gerhardy. „Bauchschmerzen“ habe er im Vorfeld schon gehabt – im Lagerhaus | |
sei auch die Absage des Konzerts diskutiert worden. „Wir waren gespalten“, | |
so Gerhardy. Im Lagerhaus seien viele MigrantInnen, die sich mit dem | |
Publikum sehr unwohl gefühlt hätten. Die Band selbst aber sei nicht rechts. | |
Es habe keine Begründung gegeben, sie abzulehnen. „Wenn man mit einer | |
Agentur die Absprache hat, den Raum für eine gewisse Anzahl von Konzerten | |
zu Verfügung zu stellen, kann man da schlecht auswählen“, so Gerhardy. | |
Rechte Bands würde er auf keinen Fall spielen lassen. Zwei Tage vor dem | |
Haudegen-Konzert gab es eine Veranstaltung zu Rechtsrock im Lagerhaus. | |
Gerhardy hat am Donnerstag aber keine offenen Neonazis im Publikum | |
ausmachen können. „Es waren vier bis sechs Besucher da, die wir unter | |
genauer Beobachtung hatten.“ Es sei aber friedlich geblieben, nur mit einem | |
Nazi hätte es später im Viertel noch eine Schlägerei gegeben. „Wenn die | |
sich nicht outen, hat man wenig Handhabe“, so Gerhardy. Ein paar Besucher | |
mit Thor Steinar-Klamotten seien gleich an der Tür wieder nach Hause | |
geschickt worden. | |
Gero Stubbe von der Bremer Konzert-Agentur Koopmann sagt: „Einschlägig | |
bekannte Faschos haben weder ich noch mein Security Personal gesehen.“ Mit | |
dem Konzert von Haudegen habe auch er sich nicht leicht getan. „Wir haben | |
natürlich vorher im Internet recherchiert.“ Von der Tourneeagentur aber sei | |
ihm versichert worden, „dass da politisch nichts komisch ist“, so Stubbe. | |
Im Nachhinein sagt er: „Für das Lagerhaus war das sicherlich das falsche | |
Klientel.“ | |
27 Feb 2012 | |
## AUTOREN | |
Jean-Philipp Baeck | |
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