# taz.de -- Kolumne Die Kriegsreporterin: Asthmatisch japsende Quoten-Ablehner | |
> Frauen. Überall Frauen. Sie fordern eine Frauenquote für | |
> Führungspositionen in den Medien. Für die Männer ist jetzt schon klar, | |
> alles Lesben. | |
Hallo, taz-Medienredaktion! | |
Ich stehe hier inmitten eines furchtbaren Spektakels. Frauen. Überall | |
Frauen. Organisierte, zusammengeschlossene Frauen. Sie sind entschieden, | |
die Kampfeslust steht ihnen ins Gesicht geschrieben. Es sind | |
Journalistinnen aller Altersstufen und aus allen Bereichen der Medien. | |
Bekannte, prominente und stille Arbeiterinnen. Sie sind gekommen, um ihrer | |
Entschlossenheit Ausdruck zu verleihen. Zu sagen, es reicht jetzt, es ist | |
genug, nicht mit uns. | |
Sie sind gekommen, um den Albtraum männlichen Führungspersonals | |
Wirklichkeit werden zu lassen: Sie fordern eine Frauenquote für | |
Führungspositionen in den Medien. 30 Prozent in den nächsten fünf Jahren. | |
Für die Männer ist jetzt schon klar, alles Lesben. Schwanz-ab-Emanzen oder | |
sonst welche, die keinen abgekriegt haben. Schon jetzt, das sehe ich | |
deutlich, bleibt den männlichen Führungskollegen kaum noch Luft zum Atmen. | |
Welch eine Forderung! Welch eine Vermessenheit! | |
Rund 350 Frauen haben sich bei der ersten Zusammenkunft, als | |
Unterzeichnerinnen der Forderung, zusammengefunden. Den Herren in den | |
Anzügen wird jetzt schon schwindelig. So viel Lila! So viel Latzhose! Was | |
machen die Weiber als Nächstes? Ihre BHs verbrennen? Was, fragen die Männer | |
sich, können sie tun, um dem Treiben der hysterischen Weiber Einhalt zu | |
gebieten?! Erste Reaktionen kommen: Sie verhindern Texte von Autorinnen zu | |
ihren Forderungen. Andere tun so, als hörten sie gerade Bob Dylan und | |
bekämen von allem nichts mit. | |
Georg Mascolo, Chefredakteur beim Spiegel, tritt aus der asthmatisch | |
japsenden Menge der Männer heraus und ergreift als erster das Wort. Er | |
kenne niemanden, der etwas gegen Frauen in Führungspositionen hätte, führt | |
er aus. Eine Quote lehne er aber ab. Er werde mal zusehen, dass sich in | |
seinem Haus ein bisschen was verändere. Wenn es denn geeignete Frauen gäbe. | |
Mit diesen so freundlich gesprochenen Sätzen im Beisein der Ministerin für | |
Arbeit und der als Quotenkriegerin bekannten Ursula von der Leyen macht | |
Mascolo auf einer Veranstaltung des Spiegels am vergangenen Sonntag mehr, | |
als ihm lieb sein dürfte, deutlich, warum es eine Quote braucht: weil | |
Frauen nicht länger von der Gönnerhaftigkeit der Männer abhängig sein | |
wollen. Sie stellen mehr als die Hälfte der Bevölkerung, aber bei der | |
Teilhabe an der Gestaltung der Welt sollen sie immer noch von Gottes Gnaden | |
abhängig sein. | |
Der Zulauf im Tahrir-Netz wird immer größer. Immer mehr Menschen erklären | |
sich über das Internet, [1][www.pro-quote.de], solidarisch. Darunter auch | |
viele Männer. | |
Aus allen Richtungen kommen die Menschen, die Frauen in ihrem Kampf um | |
Gerechtigkeit und darum, das alte Herrschaftsregime zu stürzen, zu | |
unterstützen. Der Druck auf die Verleger, Chefredakteure und Intendanten | |
wird von Tag zu Tag größer. | |
Und auch die Angst, die Georg Mascolo stellvertretend für seine | |
Chefkollegen geäußert hat, es könne schwierig werden, geeignete Frauen zu | |
finden, kann ihm genommen werden. Sein Kollege Peter-Matthias Gaede, | |
Chefredakteur von Geo, macht es vor: Ihm und seinem männlichen | |
Stellvertreter (!) stehen bei Geo und Geo Special neun leitende Frauen | |
gegenüber. | |
Um diese sensationellen 82 Prozent beneiden ihn Kollegen im ganzen Haus. | |
„Wie machst du das nur?“ fragen Kollegen vom Stern, die Chefinnen quasi nur | |
aus dem Fernsehen kennen. Und auch die Jungs der verbleibenden Geo-Blätter | |
nutzen die Gelegenheit, beim sommerlichen Geo-Segeltörn, Gaede nach seinem | |
Erfolgsrezept zu fragen. Ganz benommen von so viel Solidarität gebe ich | |
zurück nach Berlin! | |
28 Feb 2012 | |
## LINKS | |
[1] http://www.pro-quote.de | |
## AUTOREN | |
Silke Burmester | |
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