# taz.de -- Rechter Maskenball: Schlag gegen Unsterbliche | |
> Ermittler durchsuchen Wohnungen von 17 Teilnehmern eines illegalen | |
> Marsches "gegen den Volkstod" in Hamburg-Harburg. Dahinter steckt die | |
> Gruppe "Die Unsterblichen". | |
Bild: Fette Beute: Die Hamburger Polizei präsentiert sichergestellte Arbeitsma… | |
HAMBURG taz | Die Polizei hat am Freitag die Wohnungen von 17 mutmaßlichen | |
Mitgliedern der rechtsextremen Gruppe „Die Unsterblichen“ in Hamburg und | |
Niedersachsen durchsucht. Sie sollen am 17. Dezember 2011 schwarz gekleidet | |
und mit weißen Totenmasken an einem illegalen Fackelzug durch | |
Hamburg-Harburg beteiligt gewesen sein. Insgesamt marschierten dabei nach | |
Polizeiangaben bis zu 35 Maskierte in Dreierreihen durch die Eißendorfer | |
Straße und skandierten die Parole „Volkstod stoppen“. | |
„Ich hatte Angst“, sagte eine Anwohnerin der Polizei. Eine Streife hatte | |
den Marsch bemerkt, die herbeigerufene Verstärkung konnte von 17 | |
Marschierenden die Personalien erfassen – jene 17, deren Wohnungen nun | |
durchsucht worden sind. Es handelt sich dabei um drei Frauen und 14 Männer | |
im Alter von 18 bis 40 Jahren. „Alle Beschuldigten wurden angetroffen“, | |
sagte Wilhelm Möllers, Oberstaatsanwalt in Hamburg, bei einer | |
Pressekonferenz am Freitag im Hamburger Polizeipräsidium. Die Hamburger | |
Staatsanwaltschaft hatte die Durchsuchungsmaßnahmen wegen des Verdachts des | |
Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz und das Uniformierungsverbot | |
eingeleitet. | |
## Waffen und Sprengstoff | |
Bei den Durchsuchungen unter anderem in Hamburg, Hannover, Buchholz, | |
Schneverdingen und Tostedt stellten über 100 Polizisten weiße Masken, | |
Baseballschläger, Schreckschuss- und Gaswaffen sicher. | |
Sprengstoffsubstanzen seien auch entdeckt worden, sagte der | |
Polizeieinsatzleiter, bat aber um Verständnis, „das die Überprüfungen noch | |
nicht abgeschlossen sind“. Die Beamten kassierten zudem diverse | |
Rechtsrock-CDs und eine Fahne mit dem SS-Wahlspruch „Meine Ehre heißt | |
Treue“ samt Totenkopf und Hakenkreuz ein. | |
Die Leiter des Staatsschutzes in Hamburg und Niedersachsen, Detlef Kreutzer | |
und Helmut Pieper, warnten vor der Gruppe „Die Unsterblichen“. Deren Ziel | |
sei es, „die Demokratie in Deutschland abzuschaffen und durch einen | |
völkischen Nationalismus zu ersetzen“, sagte Kreutzer. „Hier reden wir | |
wirklich über Zerschlagung von Demokratie, über Gewalt gegenüber dem | |
politischen Gegner, über Rassismus.“ Die jetzt Durchsuchten gehörten zum | |
Teil dem „Hamburger Nationalkollektiv / Weisse Wölfe Terrorcrew Sektion | |
Hamburg“ (HNK / WWT) an, einem Zusammenschluss von Neonazis aus Hamburg und | |
dem Umland. Laut Kreutzer waren nicht alle der Polizei bekannt. | |
Mit ihren Märschen „gegen den Volkstod“ treten die Unsterblichen seit gut | |
einem Jahr auf. So waren im sächsischen Bautzen am Abend des 1. Mai mehr | |
als 100 maskierte Kameraden mit Fackeln aufmarschiert, hatten Böller | |
geworfen und Sprüche skandiert wie „Der Staat ist am Ende. Wir sind die | |
Wende“. Auf dem Führungstransparent stand der Satz: „Damit die Nachwelt | |
nicht vergisst dass du ein Deutscher gewesen bist – werdet unsterblich“. | |
Auf Youtube kursierten professionell gestaltete Videos der Aktion mit der | |
Bitte um Nachahmung. Auch einschlägigen Szeneseiten wurden mobilisiert. | |
„Diese Aktionen werden wie Flashmobaktionen vorbereitet“, sagte | |
Oberstaatsanwalt Möllers. | |
In bundesweit 21 Orten und Städten hat es nach Erkenntnissen der Behörden | |
bisher Fackelzüge gegeben, im Norden außer in Hamburg auch noch in Wunstorf | |
und Hannover. „Wir haben es mit einem neuen Erscheinungsbild der | |
Neonazi-Propaganda zu tun“, sagt der Hamburger Oberstaatsanwalt Möllers. | |
## Von Event zu Event | |
Es handelte sich um „lockere Gruppierungen“, die „von Event zu Event“ | |
gingen, sagte Niedersachsens Staatsschutz-Chef Pieper, darum seien die | |
Ermittlungen schwierig. Das Phänomen sei ein deutliches Signal, wie sich | |
die rechtsextreme Szene wandele. „Diese Aktionen werden nicht von | |
klassischen Kameradschaften getragen“, sagt auch der Hamburger | |
Staatsschutz-Chef Kreutzer. Ein Problem für die Ermittler sei, dass sich | |
die Aktivisten über „interne Kommunikationsnetze“ verabredeten. | |
Durch die sichergestellten Datenträger hoffen die Ermittler nun, Einblick | |
in die Kommunikation der neuen Rechtsextremen zu gewinnen. „Wir wollten sie | |
aus der Anonymität holen“, sagte Kreuzter. „Ihnen im wahrsten Sinne des | |
Wortes die Masken runterreißen.“ | |
2 Mar 2012 | |
## AUTOREN | |
Andreas Speit | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |