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# taz.de -- Automatisierte Profile in Online-Netzwerken: Ein Twitterbot zum Ver…
> Profile auf Twitter und Facebook werden oft von Programmen kontrolliert.
> Sie werden selten erkannt und können Beziehungen zwischen Menschen
> verändern.
Bild: Zwitschert da wirklich ein Mensch?
BERLIN taz | Es ist nicht mehr einfach im Netz zwischen Mensch und Maschine
zu unterscheiden. Ist der oder die Unbekannte gegenüber, mit dem oder man
seit Wochen flirtet, ein Mensch oder nur ein Flirtprogramm? Ist die
attraktive Frau, die mit einem befreundet sein will, echt? Oder nur ein
Roboter, der Daten abfischen will?
Profile auf sozialen Netzwerken werden häufig von Programmen, genannt
Socialbots, kontrolliert. Manche erledigen offensichtlich automatisierte
Aufgaben, wie etwa Twitter nach Schlagworten zu durchsuchen und die
gefundenen Meldungen wiederzugeben. Doch viele andere sind kaum noch von
Menschen unterscheidbar.
Zwei neue Studien haben nachgewiesen, dass es erstaunlich leicht ist, Bots
in Onlinenetzwerke einzuschleusen und dass sie überraschende Auswirkungen
auf die menschlichen Nutzer haben können.
[1][Im ersten Fall] erforschten Wissenschaftler der kanadischen University
of British Columbia das Netzwerk Facebook, indem sie Programme schrieben,
die gefälschte Konten auf Facebook führten. Mit Erfolg: Ein Fünftel der
Freundschaftseinladungen der Botkonten auf Facebook wurde angenommen. Sie
erhielten so innerhalb einer Woche Zugriff auf Tausende werberelevante
Datenpunkte – Alter, Adressen und Telefonnummern. Auch das Abwehrsystem
Facebooks versagte: Von 102 Botkonten wurden nur 20 gesperrt.
[2][In der zweiten Studie] nahmen sich Tim Hwang und seinen Kollegen vom
Forschungsprojekt Web Ecology das Netzwerk Twitter vor. Drei Teams
versuchten mit selbst geschriebenen Programmen die Verbindungen zwischen
2.700 Nutzern auf Twitter zu beeinflussen. In den Erfolgsindex gingen alle
Verbindungen ein, die die Twitterbots mit den Menschen im Netzwerk aufbauen
konnten sowie alle namentlichen Nennungen des Programms durch die
menschlichen Nutzer.
Auch hier hatten die Forscher Erfolg: Im Schnitt folgten den Programmen im
Schnitt 62 Nutzer und sie wurden 33 mal erwähnt. Doch auch das Netzwerk
hatte sich verändert: Durch den Einfluss der Bots waren auch die
Verbindungen zwischen den Menschen angestiegen.
## Für 25 Euro zu kaufen
„Unsere ersten Ergebnisse deuten darauf hin, dass solche Bots soziale
Gruppen stark beeinflussen können“, sagt Tim Hwang. Mit Schwärmen dieser
Programme könnten viel größere Effekte erzielt werden, ganze
Onlinenetzwerke könnten beispielsweise aufgebaut und zu einem bestimmten
Zeitpunkt für eine Werbekampagne genutzt werden.
Andererseits können sie auch eingesetzt werden, um missliebige Netzwerke zu
bekämpfen: „Programme, die Gruppen zusammenbringen, können Gruppen auch
sprengen.“ Aufstände, die über soziale Netzwerke organisiert werden,
könnten durch einen Schwarm von Socialbots effektiv bekämpft werden.
Doch schon die Experimente, das Sozialverhalten von Nutzern ohne das Wissen
der Betroffenen zu steuern, sind höchst umstritten. „Man kommt da in
ethisch fragwürdige Gebiete“, gibt Hwang zu. Doch Bots würden schon jetzt
im Netz eingesetzt und seien für fragwürdige Zwecke für rund 25 Euro zu
kaufen. “Je mehr wir über Bots wissen, desto besser können wir Menschen
helfen, sie zu erkennen und dagegen zu verteidigen.“ Sein Team
veröffentliche deshalb alle Informationen über die Experimente
nachträglich, inklusive des Quelltexts der eingesetzten Roboter.
Die Ergebnisse der Studien offenbaren eine der größten Schwächen von
Online-Netzwerken: die Nutzer selbst. „Wir haben festgestellt, dass sobald
ein Twitterbot als Mensch akzeptiert wurde, diese Einschätzung nur selten
in Frage gestellt wird“, so Tim Hwang. Das Problem ist in Diensten wie
Twitter schon angelegt: Durch die Kürze der Nachrichten verschwimme, ob auf
der anderen Seite Intelligenz oder Algorithmen stecke.
Und die Programmierer werden gewiefter: Um ihre Programme besser zu tarnen,
schrieben Hwang und Kollegen ein Programm, das regelmäßig Menschen vorwarf,
Twitterbots zu sein. Die entrüsteten Antworten werden aufgezeichnet und von
anderen Twitterbots eingesetzt.
Hwangs Twitterbots sind gut, sehr gut. So gut, dass sie heikle Situationen
herbeiführen können. Beispielsweise als sich ein Twitter-Nutzer in einen
„weiblichen“ Twitterbot verliebte. Als der Nutzer immer mehr flirtete,
schalteten Hwang und Kollegen das Programm ab.
5 Mar 2012
## LINKS
[1] http://www.lersse-dl.ece.ubc.ca/record/264/files/ACSAC_2011.pdf
[2] http://www.pacsocial.com/files/pacsocial_field_test_report_2011-11-15.pdf
## AUTOREN
Lalon Sander
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