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# taz.de -- Leistungsschutzrecht für Presseverlage: Die kleine Lösung
> Schwarz-Gelb will ein Leistungsschutzrecht für Presseverlage einführen.
> Für Texte und Textzitate sollen Suchmaschinen und Aggregatoren Geld
> zahlen.
Bild: Viele Kritiker ließen sich vor den Karren von Google spannen, meint Spri…
BERLIN taz | Nun hat das Wortungetüm also den Segen der Regierung: Am
Sonntag einigte sich der Koalitionsausschuss darauf, ein
Leistungsschutzrecht für Presseverlage einführen zu wollen.
Konkret würde es bedeuten, dass Zeitungsverlage von Suchmaschinen wie
Google und anderen „gewerblichen Nutzern“ Geld dafür bekämen, wenn die ih…
Texte oder Teile davon im Netz verbreiten - etwa über den Dienst Google
News, aber auch über Seiten wie die digitale Feuilletonschau Perlentaucher.
Mit ihrer Ankündigung, dass es ein Gesetz für ein derartiges
Leistungsschutzrecht für Presseverlage geben soll, löst die Koalition erst
einmal nur ein Versprechen ein, dass bereits so alt ist wie die amtierende
Bundesregierung - die nahm sich die Einführung eines solchen Rechtes
nämlich bereits im schwarz-gelben Koalitionsvertrag vor.
Motiviert wurden sie dazu von den Presseverlagen, die sich daraus
zusätzliche Einnahmen erhoffen - weil sie es als ungerecht empfinden, dass
Google und anderen Anbieter zum Beispiel Artikel, die die Verlage
kostenfrei im Netz zur Verfügung stellen, weiterverbreiten und damit
ihrerseits Geld, zum Beispiel über Werbung, verdienen.
Diese „Schutzlücke“, so argumentieren der Verlegerverband [1][BDZV] und vor
allem Springer-Konzerngeschäftsführer Christoph Keese, gelte es, durch das
Leistungsschutzrecht zu schließen - hätten doch auch die Musik- und die
Filmbranche ähnliche Rechte.
## Kniefall der Politik
Doch diese Forderung stieß auf massive Kritik: Urheberrechtskritische
Aktivisten, aber auch Journalisten und natürlich Google kritisierten es als
einen überzogenen Anspruch der Verleger, für kleinste Textschnipsel Geld zu
verlangen, monierten, dass gesetzlich ausgeglichen werden solle, dass
Verleger ihre Artikel im Netz kostenfrei zur Verfügung stellen, indem
künftig Google und Co zahlen sollen.
„Das ist etwa, als müssten die Gelben Seiten den Unternehmen dafür zahlen,
dass sie ihre Informationen annehmen dürfen. Als müsste der Busfahrer dem
Kirmesbetreiber Geld dafür geben, dass er die Kunden zu ihm bringt“,
schrieb Medienjournalist [2][Stefan Niggemeier] am Montag morgen in seinem
Blog. Denn Google und andere Suchmaschinen und News-Aggregatoren würden die
Leser ja erst auf die Seiten der Verlage führen.
Häufig war von einem Kniefall der Politik vor den Lobbybemühnen der Verlage
zu [3][lesen]. Die Verlage wiederum schlugen zurück: Viele Kritiker ließen
sich vor den Karren von Google spannen, kritisierte erst kürzlich
Springer-Mann [4][Christoph Keese] in seinem Blog.
## „Total schwammig“
Der BDZV [5][begrüßte] die Ankündigung der Koalition zwar, musste aber im
Verhältnis zu seinen ursprünglichen Forderungen Einbußen hinnehmen. „Das
ist eine kleine Lösung im Vergleich zu dem, was die Verlage wollten“, sagt
zum Beispiel der Rechtsanwalt Ole Jani von CMS Hasche Sigle. Dass die
Koalition die anstrebe und sich die Überlegung der Verlage nicht zu eigen
gemacht habe, halte er aber für „für völlig richtig und für
urheberrechtlich absolut zwingend“.
Auch der Journalist Matthias Spielkamp von [6][irights.info] meint zu
erkennen, dass die Verleger zurückstecken mussten - zum Beispiel, weil laut
Koalitionspapier in der „gewerblichen Wirtschaft“ das „Lesen am Bildschir…
das Speichern und der Ausdruck von Presseerzeugnissen kostenfrei“ bleiben
sollen – anders als von den Verlegern ursprünglich gefordert.
Spielkamp allerdings sieht das gesamte Vorhaben wesentlich kritischer,
teilt die Ansicht der Verleger, dass es eine „Schutzlücke“ gebe, nicht und
vergleicht das Leistungsschutz-Vorhaben mit dem internationalen
Anti-Piraterie-Abkommen ACTA: Beide seien „total schwammig“, Details
müssten vor Gericht geklärt werden.
## Der Teufel im Detail
Lange war unklar, worüber im Zusammenhang mit dem Leistungsschutzrecht
eigentlich gestritten wird - denn der Teufel steckt in digitalen
Rechtefragen oft im Detail, und obwohl schon seit Jahren über die
Angelegenheit gestritten wird, liegt noch immer kein Gesetzesentwurf vor,
an dem man sich abarbeiten kann. Die [7][Veröffentlichung aus dem
Koalitionsausschuss] von Sonntag liefert nun erste konkrete Anhaltspunkte.
So heißt es dort: „Gewerbliche Anbieter im Netz, wie Suchmaschinenbetreiber
und News-Aggregatoren, sollen künftig für die Verbreitung von
Presseerzeugnissen (wie Zeitungsartikeln) im Internet ein Entgeld an die
Verlage zahlen.“ Auch Urheber, so heißt es dort weiter, sollten eine
„angemessene finanzielle Beteiligung“ erhalten. Die „private Nutzung“ v…
Presseerzeugnissen sollen allerdings nicht vergütungspflichtig sein.
Das lässt in den Augen von Kritikern aber noch viele Fragen offen - etwa,
was genau ein “gewerblicher Anbieter“ sei: Fallen darunter nur kommerzielle
Schwergewichte wie Google oder wären auch kleine Onlinemagazine betroffen,
die über Onlinewerbung ein paar hundert Euro im Monat verdienen würden?
„Wie bei jedem neuen Gesetz wird es auch hier Konkretisierungsbedarf geben
- etwa zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Blog unter das
Leistungsschutzrecht fällt“, so Anwalt Jani. Generell könnten diese
Konkretisierungen hier aber wie bei anderen Urheberrechtsfragen mit Hilfe
der „vorhandenen Rechtsprechung“ bewältigt werden." Journalist Spielkamp
hingegen befürchtet „riesige Differenzierungsprobleme“.
## Was heißt „kleinere Teile“?
Unklar bleibt auch, was genau geschützt werden soll: Sind mit "kleineren
Teile" journalistischer Beiträge auch Überschriften, kurze Anmoderationen
oder Zitate aus Texten gemeint? Hier beruhigt der Rechtsanwalt Jani:
„Textzitate, die heute zulässig sind, werden auch morgen zulässig sein,
daran ändert sich durch das Leistungsschutzrecht nichts.“
Klar scheint schon jetzt: Von einem Leistungsrecht profitieren würden vor
allem größere Verlage und Zeitungen - kleinere wären auf den Traffic, den
Aggregatoren und Suchmaschinen ihnen liefern ohnehin angewiesen und würden
aufgrund ihrer Größe von Schutzrechten in weit geringerem Maße profitieren.
Den Gesetzeentwurf für das Leistungsschutzrecht würden die Verlage noch
nicht kennen, schrieb [8][Springer-Mann Keese] am Sonntag in seinem Blog.
Ist der erst einmal öffentlich, und Experten versichern, dass es in Kürze
so weit sein werde, kann endlich am lebenden Gesetzestext darüber
gestritten werden, was denn nun genau wie geregelt werden soll, mit diesem
Wortungetüm Leistungsschutzrecht.
5 Mar 2012
## LINKS
[1] http://www.bdzv.de/recht-und-politik/leistungsschutzrecht-verlage/leistungs…
[2] http://www.stefan-niggemeier.de/blog/hurra-urheberrecht-im-internet-verbess…
[3] http://irights.info/blog/arbeit2.0/2012/03/05/schwarzer-tag-fur-das-urheber…
[4] http://www.presseschauder.de/voll-aktiv-im-google-netzwerk/
[5] http://www.bdzv.de/print/aktuell/pressemitteilungen/artikel/detail/presseve…
[6] http://irights.info/
[7] http://docs.dpaq.de/353-koalitionsrundenergebnisse.pdf
[8] http://www.presseschauder.de/koalitionsausschuss-beschliest-eckpunkte-des-l…
## AUTOREN
Meike Laaff
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