# taz.de -- Umgang mit rechten Demos: Nazis werden zur Chefsache | |
> Die amtierende Polizeipräsidentin will künftig über Anmeldungen von Demos | |
> gegen rechts höchstpersönlich entscheiden. | |
Bild: Will ein Wörtchen mitreden, wenn's gegen Nazis geht: die amtierende Poli… | |
Die amtierende Berliner Polizeipräsidentin Margarete Koppers will in | |
Zukunft selbst über strittige Demonstrationsanmeldungen entscheiden. Das | |
kündigte sie am Montag im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses an. | |
Zugleich ließ sie durchblicken, dass für sie künftig nicht die Privatsphäre | |
von Neonazis im Vordergrund steht. | |
Hintergrund der Ankündigung ist eine Antinazi-Demo am vergangenen Freitag. | |
Mehrere hundert Menschen wollten unter dem Motto „Gegen organisierte | |
Nazi-Strukturen in Schöneweide“ durch die Brückenstraße ziehen, in der sich | |
die Nazi-Kneipe „Zum Henker“ sowie ein rechter Szene- und Waffenladen | |
befinden, den der neue NPD-Landeschef Sebastian Schmidtke betreibt. Die | |
Polizei hatte das den Demonstranten zunächst untersagt, weil Schmidtke | |
unweit des Ladens wohnt und seine Privatsphäre verletzt würde. Diese | |
Auflage erklärte das Verwaltungsgericht Berlin kurz vor Beginn der | |
Demonstration für unzulässig (Aktenzeichen VG 1 L 49.12). | |
Der Anmelder hatte argumentiert, bei der Demo gehe es um Nazikneipe und | |
-laden, nicht um Schmidtkes Wohnsitz. Das Verwaltungsgericht folgte dieser | |
Argumentation: Die Auflage stelle „einen nicht gerechtfertigten Eingriff“ | |
in das Grundrecht der Versammlungsfreiheit dar. Es sei nicht davon | |
auszugehen, dass Schmidtkes Recht auf Privatsphäre verletzt werde. | |
Schließlich sei nicht sein Wohnhaus Ziel der Demonstration. Das wäre in der | |
Tat nicht erlaubt, so das Gericht. Jüngst war es Flughafengegnern verboten | |
worden, direkt am Haus vorbeizulaufen, in dem der Regierende Bürgermeister | |
Klaus Wowereit (SPD) wohnt. | |
Ob die Polizei bei der nächsten Antinazi-Demo gleich das Recht der | |
Demonstranten stärken wird, wird sich zeigen. Im vergangenen Jahr wurde | |
schon einmal eine Ankündigung gemacht, die dann nicht eingehalten wurde: Im | |
Mai 2011 hatten Neonazis versucht, eine Demonstration durch Kreuzberg zu | |
veranstalten. Obwohl die Behörden Auftaktort und Demoroute geheimhielten, | |
blockierten Gegendemonstranten damals den Aufzug. Anschließend überrannten | |
Neonazis die Polizei und griffen BlockiererInnen an. | |
## Versprechen vergessen | |
Der damalige Innensenator Ehrhart Körting (SPD) versprach einige Tage | |
später, Neonazi-Aufmärsche würden künftig „zumindest einen Tag vorher“ | |
bekannt gegeben – „nicht die ganze Route, aber der Startplatz“. Darauf ha… | |
die Bevölkerung einen Anspruch, erklärte der Innensenator damals. Ein paar | |
Monate später war das freilich schon wieder vergessen. Als die NPD auf dem | |
Alexanderplatz ihren Wahlkampfabschluss beging, wurde die Öffentlichkeit | |
bis zuletzt nicht über den Ort der Kundgebung informiert. | |
SEBASTIAN ERB, MORITZ WICHMANN | |
5 Mar 2012 | |
## AUTOREN | |
Sebastian Erb | |
Moritz Wichmann | |
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