# taz.de -- Kolumne Habseligkeiten: Ein Problem von Malaga bis Marbella | |
> Was ist hässlich, sperrig und eignet sich gut zum Versteckspiel? Ein | |
> Wäscheständer. | |
In jedem Zuhause gibt es ein Gebilde, das die Bewohner gerne ignorieren. | |
Das Ding wiegt zwar nichts, steht aber sperrig herum. Wenn man Glück hat, | |
riecht es gut, wenn man Pech hat müffelt es und man läuft dauernd dagegen. | |
Je schlechter man sich organisiert, desto geringer sind die Chancen, dass | |
man es zusammenfalten und in die Ecke stellen kann. Leider. Denn das Ding | |
ist ein Wäscheständer und mag zwar praktisch sein, eine Zierde aber ist er | |
nicht. | |
Unsere Wäsche trocknet meistens im Esszimmer. Da kann ich die Flügel | |
ausklappen und die angeblichen 18 Meter Leine ausnutzen. Zwar sitzen wir | |
wie alle anderen auch, die ein Esszimmer haben, nie darin, doch leider ist | |
es ein sogenanntes Durchgangszimmer, sodass wir kaum einen Schritt in der | |
Wohnung nehmen können, ohne auf die ausgebreiteten Flügel des | |
Karstadt-Billigmodells zu schauen. | |
Wenn Besuch spontan vorbeikommt, sage ich „Moment mal“, und versuche das | |
nasse Ding ins Schlafzimmer zu wuchten, ohne dass eine Spur ausgeleierter | |
Schlüpfer und löchriger Socken zurückbleibt. Ich schäme mich dann immer und | |
entschuldige mich, aber das bräuchte ich gar nicht. Denn die meisten | |
anderen sagen dann immer, dass es bei ihnen genauso aussähe und ich weiß | |
das auch. Noch wurde in keiner Etagenwohnung ein geeigneter Platz für | |
dieses Problem geschaffen. | |
Wer jemals die alte Autobahn von Malaga nach Marbella entlangfuhr, wird | |
spätestens in Fuengirola bemerkt haben, dass die Wäsche ein | |
Universalproblem ist, denn Kilometer um Kilometer schaut man auf die | |
T-Shirts, Geschirrtücher und Hosen der Andalusier, die sie fröhlich über | |
den brausenden Verkehr hängen. | |
Es wäre leicht, die Schuld mal wieder bei den berüchtigten | |
Dachgeschossbewohnern zu suchen. Sie haben sich immerhin dort breit | |
gemacht, wo früher die Wäsche aller getrocknet wurde. Bei uns im Haus aber | |
trocknet schon längst niemand die Wäsche auf den Dachboden, obwohl dort | |
niemand wohnt. Damit auch wirklich niemand auf die Idee kommt, den Speicher | |
zu nutzen, hat die Hausverwaltung an der Tür dort ein Schloss angebracht, | |
zu dem niemand im Haus einen Schlüssel besitzt. | |
Meiner Beobachtung nach gibt es verschiedene Wäschetrocknertypen. Ich | |
selbst bin eher der schlampige Typ: Früher habe ich alles aus der Maschine | |
genommen und in einem Haufen auf den Ständer gepackt. Dann verteilt und | |
gehofft, es möge nichts anmodern. Mein früherer Mitbewohner Martin hingegen | |
legte Wert darauf, seine Sachen vor dem Aufhängen auszuschlagen, sodass er | |
nichts mehr bügeln müsse. Irene regte sich wahnsinnig über den | |
Wäscheständerknick in ihren Oberteilen auf und benutzte als Einzige von uns | |
Wäscheklammern. Sie war aber auch die Art von Person, die an der Kasse | |
alles perfekt aufs Band legen muss, damit es schnell vorangeht. | |
Dass der Wäscheständer im Wege steht, glauben übrigens nicht alle bei uns | |
im Haushalt lebenden Personen. Sich beim Versteckspiel darunter zu hocken, | |
ist zwar ein schlechtes, aber beliebtes Versteck. Als Erwachsener muss man | |
dann nur tun, was man immer tut. Herumlaufen und ihn angeblich nicht sehen. | |
6 Mar 2012 | |
## AUTOREN | |
Natalie Tenberg | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |