# taz.de -- Kiez-Aufwertung: Der unbekannte Mäzen | |
> Zwei Käufer konkurrieren um das Möbel-Brandes-Gebäude an der Reeperbahn. | |
> Der Eigentümer hat sich sich eigentlich schon entschieden: für Kommerz, | |
> gegen Kultur | |
Bild: Kunst oder Kommerz? Das Haus von Möbel-Brandes auf dem Kiez. | |
Noch steht das alte Möbel-Brandes-Gebäude am Beginn der Reeperbahn. Weite | |
Teile des Gebäudekomplexes sind innen längst verfallen, im Ladenlokal ist | |
derzeit ein Internet-Café. Daran wird sich bald etwas ändern. Ernst | |
Brandes, der Eigentümer des 3.000 Quadratmeter großen Areals, das sich in | |
L-Form bis zur Holstenstraße erstreckt, möchte gerne verkaufen. Obwohl | |
bereits ein Kaufvertrag abgeschlossen ist, wird letztlich die Politik | |
entscheiden. Bei dem Verkauf geht es einmal mehr um die Frage nach | |
kommerziellem Neubau oder kultureller Alternativnutzung. Eine heikle Frage, | |
vor allem auf dem Kiez. | |
Im Dezember 2011 bot die Firma One Vest Development des | |
CDU-Bürgerschaftsabgeordneten Andreas Wankum dem Eigentümer einen mittleren | |
Millionenbetrag. Ihr Plan ist es, das Gebäude abzureißen und neben einem | |
Hotel und Wohnungen auch Platz für den Discounter Lidl zu schaffen. Brandes | |
willigte ein. Unter der Bedingung, dass der Bezirk einen Bauvorbescheid für | |
Wankums Projekt erteilt, unterschrieben beide einen Kaufvertrag. Doch | |
Wankum sollte noch unerwartete Konkurrenz bekommen. | |
Ein Mäzen, der unbekannt bleiben möchte, bot Brandes den gleichen Kaufpreis | |
an. Statt einer kommerziellen Nutzung will dieser die Räume dem Kultwerk | |
West zur Verfügung stellen. Der Verein, der 2006 im Forum Altona an der | |
Großen Bergstraße gegründet wurde, macht politische und kulturelle | |
Veranstaltungen und residiert mittlerweile wenige Straßen vom | |
Brandes-Gebäude entfernt in der Kleinen Freiheit. Die Räume dort sind zu | |
klein geworden. Das Grundstück auf dem Kiez wäre der ideale Ort, meint | |
Sigrid Berenberg, Vorsitzende des Kultwerks. Konkrete Pläne hat sie auch: | |
„Neben Veranstaltungsräumen und Büros möchten wir in den oberen Etagen | |
Atelierflächen für Absolventen von Designhochschulen bieten. Außerdem soll | |
ein Studentenwohnheim entstehen“, sagt Berenberg, die den geplanten Abriss | |
und die beabsichtigte Nutzung kritisch sieht. | |
Wegen des bereits unterschriebenen Kaufvertrags stehen Berenbergs Chancen | |
aber schlecht. Wäre da nicht der ausstehende Bauvorbescheid. Fiele dieser | |
im Bauausschuss durch, könnte der Mäzen in die Verhandlungen mit Brandes | |
eintreten, der auf taz-Anfrage diese Möglichkeit nicht ausschloss. In der | |
Bezirkspolitik sieht man für eine Intervention aber offenbar keinen Anlass. | |
„Beide Investoren haben ihre Vorteile. Wir werden dem Eigentümer nicht | |
reinreden“, sagt Erkan Sahin von der SPD-Bezirksfraktion. Der Vorsitzende | |
der GAL-Fraktion Mitte, Michael Osterburg, betonte gegenüber der taz den | |
Vorteil einer Verlagerung des Lidl-Marktes in die Holstenstraße, wie er in | |
Wankums-Plan vorgesehen ist: Lidl habe an der Reeperbahn immer wieder für | |
Ärger gesorgt – wegen der Trinkerszene vor der Tür und auch wegen des | |
Parkplatzmangels. Und: „Discounter passen nicht zum Kiez.“ | |
Einzig dem Bau von Eigentums- statt Mietwohnungen wollen SPD und Grüne im | |
Bauausschuss nicht zustimmen. Wankum wollte zu diesem Punkt am Montag nicht | |
Stellung nehmen. Man sei noch in den Planungen, so der Investor. Sollte man | |
sich nicht einig werden, könnte das am Ende dem Kultwerk in die Karten | |
spielen. | |
12 Mar 2012 | |
## AUTOREN | |
Janko Raab | |
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